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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 286
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te sie allerdings gewaltig am Selbstverständnis des absolutistischen Staates
wie seiner aufgeklärten Bürokratie. Verstaatlichung der Ausbildung, nicht
deren Privatisierung stand auf der Tagesordnung. Folgerichtig, zumindest
aus der Sicht der Karlsruher Ministerialbürokratie, wurde der Antrag auf
Genehmigung der Seminarstiftung, die nach dem seligen Bernhard von
Baden benannt werden sollte, eher dilatorisch behandelt, sehr zum Mißfallen
nicht nur der Markgräfin, sondern vor allem der Stadt Baden-Baden,
der dadurch eine lukrative Institution verlorenging. Trotz aller Vorstöße
erfolgte lange Zeit keine Entscheidung, Interventionen der Markgräfin
blieben ebenso fruchtlos wie Eingaben der Stadt Baden-Baden. Die letztendliche
Ablehnung der Stiftung war für Maria Viktoria nicht nur eine
bittere Enttäuschung, sondern ein Indiz mehr, daß es ihrem Vetter Carl
Friedrich letztendlich darum ging, die Basis der katholischen Religion in
seinem Lande zu untergraben, er also durchaus nicht gewillt war, die entsprechenden
Abmachungen im Erbvertrag von 1765 einzuhalten.

Angeregt und unterstützt von der Markgräfin beantragte die Stadt Baden-
Baden in Karlsruhe die Einsetzung einer perpetuierlichen Konsistorial-
kommission, deren Aufgabe es sein sollte, die Einhaltung der Rechte der
katholischen Kirche zu überwachen und offensichtliche Verletzungen dieser
Rechte öffentlich zu kritisieren sowie deren Abstellung zu betreiben.
Natürlich wußte Karlsruhe sehr wohl, wer hinter diesem Vorstoß der Stadt
stand, der innerhalb kürzester Zeit zu einer wahren Massenbewegung anschwellen
sollte. Vor allem die mittelbadischen Städte und Gemeinden im
Kernland der ehemaligen Markgrafschaft Baden-Baden schlössen sich dem
Antrag Baden-Badens an und erklärten sich auch bereit, ihre Forderungen
bis vor den Reichshofrat nach Wien, dem höchsten juristischen Gremium
in diesem Falle, zu tragen. Hier sollte die Entscheidung gefällt werden, ob
Markgraf Carl Friedrich verpflichtet war, einen unabhängigen Anwalt und
Interessenwahrer der katholischen Religion einzusetzen und damit Einbußen
an seiner absoluten Regierungsform hinzunehmen. Diesem Anwalt
oder im damaligen Sprachgebrauch dem Syndikus waren von Seiten der
klagführenden Parteien durchaus exekutive Befugnisse zugedacht, womit
er sich in seinen Funktionen deutlich von den heute existierenden staatlichen
Beauftragten wie den Wehrbeauftragten oder die Ausländerbeauftragte
der Bundesregierung erhebt7.

Prozesse zu führen kostete Geld, zumal bei der staatsrechtlich höchst komplizierten
Materie der Vereinigung zweier Systeme mit unterschiedlichen
Gesellschaftsformen, ein Vorgang, der in dieser Form zum ersten Mal in
Deutschland auftrat. Doch Geld war von der Markgrafenwitwe zugesagt
worden, was die Entscheidung zahlreicher Gemeinden und der Städte
Rastatt, Ettlingen, Kuppenheim, Steinbach, den Prozeßweg zu beschreiten,

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