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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 287
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sicherlich positiv beeinflußt hat. Für Maria Viktoria wiederum genoß die
Solidarität mit der Religion und den sie praktizierenden Untertanen erste
Priorität, weit vor einem wie auch immer gearteten dynastischen Zusammenhalt
. Damit begab sie sich wissentlich auf Konfrontationskurs zu
ihrem Vetter in der Residenz.

Ihre Distanz zur neuen Markgrafschaft Baden kam auch darin zum Ausdruck
, daß Maria Viktoria 1774, just zu dem Zeitpunkt, als der Syndikatsprozeß
seinen Anfang nahm, ihren Wohnsitz teilweise nach Ottersweier
verlegte und sich damit außerhalb der badischen Staatsgrenzen niederließ.
Denn seit 1771 war Ottersweier nach 70jähriger Lehenszugehörigkeit zur
Markgrafschaft Baden wieder an das katholische Haus Habsburg zurückgefallen
, lag also außerhalb der Zuständigkeit des Oberhauptes der markgräflichen
Familie. Sicherlich hatte sie ihren zukünftigen Wohnsitz mit Bedacht
gewählt. Zum einen bot die 1773 ebenfalls aufgehobene Niederlassung
der Jesuiten im Dorf ansprechende Unterkünfte, zum anderen genoß
Ottersweier bereits seit Jahrzehnten den Ruf eines geistigen Zentrums der
katholischen Kirche am Rhein8. Dekanat und Landkapitel, die große und
mächtige Pfarrkirche sowie die unweit vom Dorf gelegene Wallfahrtskirche
Maria Linden, bildeten für zehn Jahre den Hintergrund und den
geistigen Rahmen, in dem sich das Leben der Markgrafenwitwe bewegen
sollte. 1782 gar ließ sie sich ihr Testament von der Ottersweirer Ortsobrigkeit
beglaubigen, sicherlich ein besonderer Beweis des Vertrauens
zwischen der Markgräfin und der Gemeinde9. Zweifelsohne wurde die
Entscheidung Maria Viktorias, sich hier niederzulassen, in Karlsruhe
durchaus als Demonstration ihres unbeugsamen Willens verstanden.

Doch ebenso unbeugsam und unnachsichtig reagierte die markgräfliche
Verwaltung auf die Syndikatsbewegung. Die klageführende Partei wurde
systematisch diskreditiert, unnachgiebig Jagd auf ihre Anhänger und ihre
Flugschriften gemacht, Sanktionsmaßnahmen gegen Städte und Gemeinden
bis hin zur Absetzung von Schultheißen, Bürgermeistern und Gemeinderäten
ergriffen. Überhaupt standen die Aussichten auf Gewinn des Prozesses
schlecht, abgesehen davon, daß schon die Frage der Zulässigkeit
einer solchen Klage und der Zuständigkeit des Reichshofrats überaus umstritten
waren. Zudem konnte von einem unabhängigen Gericht keineswegs
die Rede sein. Die Richter waren weisungsgebunden und Kaiser
Joseph II. hatte wahrlich andere Interessen, als durch diesen Prozeß einen
einflußreichen Fürsten des Reiches in seiner absolutistischen Macht einzuschränken
. So erhob sich im Jahre 1789 auch keine Stimme des Protestes,
als die 15 Jahre zuvor eingereichte Klage abgewiesen wurde.

Obwohl politisch weitgehend isoliert, mit schwindendem Einfluß selbst bei

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