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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 328
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Die wirtschaftlichen Grundlagen Badens bestanden aus der Landwirtschaft
und dem Gewerbe, wobei der ersteren die größere Bedeutung zukam, da
drei Viertel der Bevölkerung auf dem Lande wohnten25. Im Landbau hatte
schon vor der Jahrhundertwende eine Strukturänderung eingesetzt, so daß
seine Produktivität in der Zeit von 1800-1850 stärker wuchs als die Bevölkerung
(freie Fruchtfolge löste die Dreifelderwirtschaft ab, Wegfall der
Brache, Stallfütterung), so daß eine Verschlechterung der Nahrungsmittelversorgung
vorerst nicht eintrat26.

Doch führte die vorherrschende Realteilung in eine wirtschaftliche Sackgasse
. So lagen die Besitzgrößen von drei Viertel der Landwirte unter
3,2 ha (Zahlen von Württemberg27), so daß die Landwirtschaft fast nur
noch zur Eigenversorgung fähig war. Die Besitzer dieser Zwergwirtschaften
existierten am Rande des Existenzminimums und waren deshalb sehr
krisenanfällig bei Mißernten28. Immerhin verfügten sie aber über den größten
Teil des Haus- und Grundbesitzes, ein Umstand, der sozial ausgleichend
wirkte, da die Misere in den überbevölkerten Dörfern alle in gleichem
Maße drückte29.

Die gewerbliche Tätigkeit in Baden wies zwar pro Jahr eine Zuwachsrate
von 3,4% (1815-1849) auf. Doch waren die Fabriken auf wenige Städte
konzentriert (Pforzheim, Bruchsal, Ettlingen, Offenburg, Lahr)30. In dieser
Situation war es für Lichtenau ein Glücksfall, daß dort seit 1827 eine
Seidenweberei arbeitete. Ihrer Anziehungskraft ist es auch zuzuschreiben
, daß damals in Lichtenau ein merklicher Zuzug stattfand (neue
Namen!).

Da öffnete sich für die Bedrängten in der Auswanderung ein Ventil, das
merklich Abhilfe schaffte. „Bis in die 1850er Jahre hinein war die deutsche
Überseewanderung weitgehend ein südwestdeutsches Phänomen", wie es
bereits im 18. Jahrhundert das ergiebigste Quellgebiet für die Gesamtauswanderung
war. Von 1840-1855 zählte Baden allein 86 090 Auswanderer31
. Der schubweise Verlauf mit zwei Maxima (1844, 1854, siehe Tabelle
über den zeitlichen Verlauf der Auswanderung aus Lichtenau und dem
Großherzogtum Baden) wurde durch lokale Mißernten bewirkt. Wie der
Abgeordnete Helbing in der 2. badischen Kammer am 10. 10. 1848 ausführte
, wanderten hauptsächlich kräftige Naturen aus den noch einigermaßen
bemittelten Schichten der kleinen Gewerbetreibenden und Landwirte
aus und nicht diejenigen, die der Allgemeinheit zur Last fielen32. Doch
auch die zuletzt genannte Bevölkerungsgruppe stellte ein ansehnliches
Kontingent, denn die öffentliche Armenunterstützung, der Bettel, die
Zwangsversteigerungen und die Eigentumsdelikte erfuhren eine merkliche
Abnahme33. Zu der eben genannten Bevölkerungsgruppe gehörten auch

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