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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 346
(PDF, 147 MB)
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Man kann sich nur an etwas erinnern, wenn man dem Erinnerten eine Bedeutung
zumißt."2

Die Erinnerung älterer Menschen sei nicht zuverlässig und erbringe keine
historisch verwertbaren Daten, wird oft zu bedenken gegeben. Man sollte
jedoch das Langzeitgedächtnis älterer Menschen nicht unterschätzen. Gerade
die Erinnerung an individuelle Erlebnisgeschichten ist durchaus vorhanden
. „Dabei ist ein Ergebnis der Gedächtnisforschung in unserem Zusammenhang
bedeutend: daß nämlich das Langzeitgedächtnis Erinnerungen
bereit hält, die im Kurzzeitgedächtnis nicht gespeichert sind."3

Bei Interviews zur Alltags- und Lebensgeschichte geht es nicht um die Ermittlung
exakter geschichtlicher Daten, die in schriftlichen Quellen festgehalten
sind und dort jederzeit ausfindig gemacht werden können. Es geht
dabei um die subjektive Alltagserfahrung von Zeitzeugen, die nur in den
Gedächtnissen dieser Menschen vorhanden sind.

So geht es bei der Auswertung der Interviews nicht um die Unterscheidung
zwischen richtig und falsch. Es wird vermieden, „die Aussagen der Befragten
in rigider Verkürzung nur unter dem Gesichtspunkt „richtig" oder
„falsch" zu sehen; sie (die Projekte) analysieren sie vielmehr als das, was
sie in einem wesentlichen Maße auch sind: als Wiedergabe subjektiv erlebter
und verarbeiteter Ereignisse und Prozesse."4

Es wird nicht das vorhandene Wissen der Interviewpartnerinnen abgefragt,
sondern sie geben als individuelle Persönlichkeiten Auskünfte über ihre eigenen
Erlebnisse und Erinnerungen. „Wer seine Lebensgeschichte erzählt,
hat das Privileg des „Zeugen", ist allein berechtigt zu Darstellung und Beurteilung
des Stoffes, hat das letzte Wort - eben weil er die Dinge selbst erlebt
hat."5

Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind als Ergänzung, sozusagen als
fleischliche Hülle des Skeletts der Daten- und Faktengeschichte zu interpretieren
.

Geht es darum, möglichst viele Datenbelege auf eine bestimmte Frage zu
erhalten, bietet sich das standardisierte, geschlossene Interview an. Standardisierte
Fragebögen mit normierten Fragen und Fragenabfolgen dienen
beispielsweise dazu, herauszufinden, wieviel Prozent der Befragten wissen
, wann der zweite Weltkrieg ausbrach. Offene Interviews dagegen sind
sinnvoll, wenn es darum geht, zu zeigen, wie der Tag des Kriegsausbruches
von den einzelnen Individuen erlebt wurde, wie sie davon erfuhren.
Dabei spielt das genaue Datum nicht die ausschlaggebende Rolle.

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