Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 348
(PDF, 147 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0348
Bei meinen Befragungen stellte sich sehr schnell heraus, daß sich Erinnerung
nicht fragebogenweise abwickeln läßt. Es entstanden Erinnerungsgespräche
über das Thema Kindheit, die über das hinaus gingen, was ich
ursprünglich als themenrelevant angesehen hatte.

Als nicht anwendbar erwiesen sich von vornherein standardisierte Fragebögen
, die Punkt für Punkt abgehakt werden und nur auf eine lineare Antwort
hin ausgerichtet sind. Als praktikabel erwies sich ein Leitfadenkatalog
, der nicht auf nur eine Antwort abzielte, sondern Episoden und Geschichten
, Abweichungen und Ausschweifungen zuließ. „Ein ,Leitfaden'
hält die Themen und Unterthemen fest, während die Formulierung und
Reihung der Fragen situationsflexibel vom Interviewer in jedem Interview
neu zu leisten ist."9

Aus Literatur10 und eigenen Alltagserfahrungen stellte ich Themenschwerpunkte
zusammen, die mir für eine Darstellung der Kindheit relevant
erschienen. Während der Interviews erweiterte sich meinen Themenkatalog
, neue Aspekte wurden aufgenommen, die ich anders oder gar
nicht gesehen hatte. Die Reihenfolge meiner Themenliste war während
des Gesprächsverlaufs irrelevant. Je nach Erlebensweise assoziierten die
Interviewpartnerinnen bei meinen Fragen andere oder weiterreichende
Themen, oder sie sprachen Themen an, die ich erst später auf der Liste
hatte. Jedes Gespräch verlief anders. Und nach jedem Gespräch veränderte
sich mit meinem Kenntnisstand wahrscheinlich auch meine Frageweise
. Der Vorteil der Vergleichbarkeit wie beim standardisierten Interview
kann so nicht eingelöst werden. Dennoch sind die Ergebnisse einmalige
Zeitdokumente, die in dieser Form nirgendwo erscheinen und
kaum auf andere Weise ermittelt werden können. Umgekehrt gilt, daß die
scheinbare Vergleichbarkeit standardisierter Interviews oft nur oberflächlich
ist.

Von Interviewpartnerinnen fordert diese Vorgehensweise eine hohe Konzentration
. Sie müssen immer wieder ihren Gedächtnisfluß auf das Erfragte
umlenken, immer wieder neue Erinnerungen hervorholen zu immer neuen
Themenbereichen, die dem Fragenden zwar logisch zusammenhängend
vorkommen mögen, es aber für die Interviewten nicht zwangsläufig auch
sein müssen. In der Alltagskommunikation sind wir es nicht gewohnt, auf
zielgerichtete Fragen knapp und ebenso zielgerichtet zu antworten. Die Interviewpartnerinnen
haben meist keine Erfahrungen mit dem Sprachduktus
der wissenschaftlich orientierten Frageweise. Es kommt zu Mißverständnissen
. Diese Umstände sind zu berücksichtigen.

Meine Interviewpartnerinnen lernte ich durch Museumsmitarbeiter ken-

348


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0348