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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 397
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- In Lautenbach bebilderte der Hochaltar (Taf. 1, 2) das Mysterium des
Heiles durch die Menschwerdung bis zum jüngsten Gericht und erfüllte
seine Funktion im Zusammenhang mit den liturgischen Zyklen des
gleichzeitigen Prämonstratenser-Breviers, mit den großen Jahresfesten
und Feiern der Prämonstratenser-Kommunität, mit der Bußliturgie und
besonders mit der Wallfahrt, da der geschnitzte Johannes Baptist im
Schrein eine Reliquienstatue war.

- Das Andachtsbild, die Maria dem Kind eine Erdbeere reichend (Taf. 3),
stand in Beziehung zu den Gebeten des Laienstundenbuches.

Die Frage erhebt sich, ob der Wille, durch solche formellen ikonographi-
schen Mittel die kultische Funktion des religiösen Bildes zu verstärken -
dies noch vor der Reformation - als retrospektiver Zug der Kunst unseres
Malers betrachtet werden sollte. Die Analyse anderer Altäre des
späten Mittelalters (B. WELZEL, R. HAUSSHERR, E.M. VETTER,
H. MÖHRING) lassen weniger an einen Willen zur formalistischen Retrospektive
denken als an den Willen zur Perfektionierung der ursprünglichen
Funktionen des religiösen Bildes, wie sie erreicht wird durch eine fortschrittliche
Beherrschung künstlerischer Mittel. Die Analyse unserer Altäre
hilft besser zu verstehen, was mit dem religiösen Bild beabsichtigt war, um
den Ansprüchen des gebildeten Auftraggebermilieus der reformwilligen
katholischen Kirche gerecht zu werden. Es waren Absichten, die der Protestantismus
fundamental in Frage stellte. Die absolute Konkordanz von
Form, Inhalt und Funktion der Werke läßt ihre ganz eigene schöpferische
Leistung ermessen, stellt eine meisterliche Synthese aller Möglichkeiten
des religiösen Bildes zu jener Zeit dar, welche zugleich auch jenem religiösen
Bild Grenzen setzen. Hier unterwirft das Bild den Gläubigen, den Priester
und schließlich das Höhere Wesen seiner Logik, ungeachtet davon,
daß das Höhere Wesen durch das Bild nicht assimilierbar und offenbar
werden kann. Unsere Untersuchung arbeitete nicht nur die Funktionen des
katholischen Bildes heraus, sondern auch die protestantische Reaktion im
Bilderstreit.

Die Rolle der Schrift einerseits, die Diskontinuität des Dargestellten andererseits
im lutherischen Bild, die die Distanzierung des Betrachters erzielten
, wiesen auf eine rein didaktische Bedeutung und Verwendung des Bildes
hin, boten keinen Anlaß mehr zur Verwechslung der Ebene des Bildes
und der des Kultes oder gar des kirchlichen Raumes, wie manchmal bei
Bildern des Lautenbacher Malers24. Calvin25, der sich streng an Deut. 5,8
hielt, erkannte schließlich keinem religiösen Bild auch nur eine didaktische
Funktion zu, wegen der Gefahr der Verwirrung der Geister: Unvergleichlichkeit
von Geschöpf und Schöpfer, die Nichtachtung der sie trennenden
Grenzen wegen der Täuschung der Sinne.

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