Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 403
(PDF, 147 MB)
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lernte er die ersten Dürer-Holzschnitte und -Stiche kennen, um dann 1506
nach Wittenberg zu reisen, wo er den Wittenberger Altar (1496) gekannt
haben muß, bevor er in der Dürer-Werkstatt verweilte. Seine Kunst zeigt
manche interessante Übereinstimmungen mit der unseres Malers, so daß
wir es als sinnvoll betrachteten, eine Auseinandersetzung über diese beiden
Straßburger Künstler anzuregen. Man soll sich natürlich bewußt sein,
daß hier zwei sehr verschiedene Handwerke verglichen werden, von denen
eines sich groben Werkzeugs bedient.

Die Passion Jesu Christi des B. Chelidonius ist mit 43 Holzschnitten
J. Wechtlins ausgeschmückt. Sie ist sein wichtigstes Werk, wurde bis 1520
bereits in sehr viele Bücher übernommen und ist 1506 datiert, zu einer
Zeit, als die ersten Tafeln des Lautenbacher Hochaltars ausgeführt wurden
. Seine Illustrationen des Feldbuchs der Wundarzney des H. von Gersdorff
(1517, Schott) zeigen „revolutionäre" anatomische Tafeln (Sigrid
ESCHE)41, die eine Kenntnis der menschlichen Anatomie in Deutschland
unabhängig von den Studien Leonardo da Vincis voraussetzen und mit den
Interessen unserer Meisters für die Proportionen zu vereinbaren wäre. In
diesen zwei hauptsächlichen Werken beobachtet man eine gewisse Zahl
menschlicher Typen, die denen des Lautenbacher Malers ähnlich sind und
wie diese vermeiden, die Augen auf den Beschauer zu richten. Bei den
zwei Künstlern erkennt man dieselben schlanken männlichen Anatomien,
dieselben Proportionen nackter Körper, dieselbe vom Wittenberger Altar
geerbte Formensprache: die schlichte, frei kontinuierliche Linie, die Vorliebe
für jene relativ seltenen Falten, die oft parallel ineinandergefügte regelmäßige
Dreiecke zeichnen, feinfältig oder rohrartig sind. Manchmal
werden die Gewänder auf den Oberarm zurückgeworfen oder zeichnen die
Körperform nach, schmiegen sich den natürlichen, hin und wieder tänzerischen
Bewegungen an. Die symmetrischen Kompositionen beider Künstler,
parallel dem Rahmen verlaufend, fördern den Eindruck eines planen Bildfeldes
. Die menschliche Gestalt dominiert - manchmal vervielfacht, in der
Menge der Personen isokephalisch (Kopf über Kopf) geschichtet. Sie
nimmt den Vordergrund ein, befindet sich vor einer hügeligen eher skizzierten
Landschaft. Diese erweitert sich dann über Buschwerk hin zu Felsformationen
und burgengekrönten Bergen. Die Perspektive bei Wechtlin ist
zwar sehr genau, gleich der unseres Malers um 1506, und führt doch
schräg aus dem Bild hinaus wie auf dem Wittenberger Altar, eine archaische
Vereinfachung, der unser Maler nie verfallen ist. Manche Perspektiven
sind bei Wechtlin schon symbolisch, und zweimal lenken sie den Blick
auf Köpfe (Abb. 2), ein für den Lautenbacher Maler besonders charakteristisches
Verfahren. Die beiden Künstler benutzen dieselben theatralischen
Inszenierungsformen, z.B. im Gebet gefaltete Hände vor einem Gesichtsprofil
. Nur Kopf und Hände werden dann im Rücken einer vorrangigen

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