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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 408
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Szene bietet. Die ratio - die im 16. Jahrhundert als das Fundament der
Natur betrachtet wird - strukturiert hier schon durch die Geometrie in fast
allen Bildern alles Natürliche und läßt die Immanenz des Göttlichen verspüren
. Die Komposition regt den Gläubigen zur unmittelbaren Teilnahme
an dem Bildgeschehen an, doch seine Andacht wird die eines Einsamen
bleiben, nicht anders als die des abgebildeten Auftraggebers oder porträtierten
Zeitgenossen. Sie sind uns nahe durch ihre Persönlichkeit, die
sozialen Rangzeichen ihrer Kleidung, sie bleiben abwesend durch ihren
Fernenblick, während die biblischen Figuren sich in einem besinnlichen
Schweigen verschließen.

Die Landschaften sind inspiriert durch reale, den Auftraggebern oder gar
Betrachtern gut bekannten Gegenden. Sie rufen, wie etwa auf der Hoch-
hausener Beweinung (Taf. 6), die Erinnerung an das Bergpanorama auf
dem „Schwabenweg" der Pilger wach, die in Rapperswil die Fähre zum
anderen Ufer des Zürichsees bestiegen, um nach Einsiedeln zu gelangen,
dem bevorzugten Wallfahrtsort Kaiser Karl des IV., Herzog Sigismunds
von Habsburg, und, zur Zeit unseres Malers, des Markgrafen Christoph
von Baden. Ein Wallfahrtsort war auch auf den verlorenen Szenen der Legen
de der Hl. Notburga, Tochter des Dagobert (Hochhausener Hochaltar),
dargestellt, die noch der Verfasser einer Reisebeschreibung vom Beginn
des 19. Jahrhunderts kannte. Eine Reminiszens des Pilgerziels Allerheiligen
im unwirtlichen Lierbachtal könnte auch auf der Lautenbacher Heimsuchung
zu erblicken sein (Taf 2). Diese Stätte beschwört die irdische
Pilgerschaft, den „Exodus", die Fremdheit alles Weltlichen, die den Menschen
immer unbegreiflich bleibt und sich offenbart im verschwiegenen
Bund von Sümpfen und Bäumen, Brücken und Bergen (Taf. 6, 8, 9).
Wasser und Himmel vereinigen sich am Horizont beim Sonnenauf- oder
-Untergang (Taf. 10, 6), einzige Verheißung inmitten der gleichgültigen,
manchmal feindlichen Natur. Van Eyck hatte schon mit dem Realismus des
übernatürlichen Lichtes gespielt, aber seine Landschaften waren nicht real47
. Das Spiel beim Lautenbacher Maler ist doppelsinnig, einmal begibt es
sich im übernatürlichen Licht, dann wieder geographisch bestimmbar. Die
Naturbeschreibung begrenzt sich auf eine poetische Andeutung, die nur
den Eingeweihten erkennbar wird.

Vielleicht ist die Lösung der Frage nach der Identität des Meisters der Lautenbacher
Hochaltarflügel weniger wichtig als Werk und Originalität seiner
Kunst.

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