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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 442
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den Angehörigen wacht und betet sie bis zur Beerdigung bei dem Toten.
Sie versorgt auch den Toten. Nach der rituellen Waschung des Toten wird
ihm das traditionelle Totenkleid angezogen. Es ist ein einfaches, weißes
Linnengewand, das vor allem früher oft schon Bestandteil der Aussteuer
war und jährlich am Jom-Kippurtag, am großen Versöhnungstag, in der
Synagoge getragen wurde. Besitzt der Tote kein Sterbekleid, so sorgt die
Chewra Kaddischa für alles Nötige. Außer dem Kleid tragen männliche
Verstorbene noch ihren Tallit, das ist ihr Gebetsmantel. Damit zeigt ein
frommer Jude seine Hingabe - auch im Tode - zu Gott. So legt man die
Verstorbenen in einen einfachen, schmucklosen Holzsarg. Einziges Zubehör
ist ein Säckchen Erde aus Israel, das dem Toten unter den Kopf gelegt
wird. Es zeigt die Verbundenheit mit Israel. Konnte der Tote schon
nicht im Lande seiner Väter leben, sondern nur im Gebet und durch finanzielle
Unterstützung seine Zugehörigkeit zeigen, so soll er wenigstens im
Tode symbolisch auf israelischer Erde liegen.

Geschlossen wird der Sargdeckel mit den Bibelworten:

„Du aber, Daniel, geh hin, bis das Ende kommt, und ruhe, bis du auferstehst
zu deinem Erbteil am Ende der Tage." (Daniel 12,13)

2. Beerdigung

Früher wurden die Toten noch am Todestag beerdigt, oft sogar ohne Sarg,
nur in ein Leichentuch gebettet. War der Todestag allerdings ein Schabbat
oder ein Feiertag, so wurde die Beerdigung auf den nächsten Tag verschoben
. Ein unnötiges „Übernachten" galt als Geringschätzung des Toten.
Dies ist zumindest in Europa nicht mehr üblich. Um die Möglichkeit des
Scheintodes auszuschließen, schreibt der Gesetzgeber heute vor, daß mindestens
ein Tag zwischen Tod und Begräbnis liegen muß.

Der Sarg wird von Angehörigen der Chewra Kaddischa aus dem Hause geholt
und zum Friedhof getragen. Um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen
, trugen oft auch Hinterbliebene ein Stück weit den Sarg. Da in
Deutschland die jüdischen Friedhöfe meist außerhalb auf unwegsamem
Gelände lagen, und zudem auch nicht jede Gemeinde einen eigenen Friedhof
hatte, sondern die Toten auf Verbandsfriedhöfen beerdigt wurden,
mußte der Sarg häufig mit einem Wagen transportiert werden. Die Trauernden
, Freunde und Dorfbewohner bilden das Trauergeleit. Dies wird als
eine heilige Pflicht betrachtet. Nicht Prunk, teure Kutschen und Blumenschmuck
dient der Ehre des Verstorbenen, sondern ein großer Trauerzug.
Wem ein Leichenzug begegnet, der soll jede Arbeit unterbrechen, um sich
dem Zug anzuschließen!

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