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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 475
(PDF, 147 MB)
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Kurz nach dem 2. Weltkrieg hatte die in der Schweiz lebende, 1984 verstorbene
ältere Schwester Frau Meyers die Terrakotten in Basel für
5000 sfr gekauft. Es ist dem großen Einsatz von Herrn Günter Haiss aus
Zell (früherer Mitinhaber und Geschäftsführer der Zeller Keramik-Werke)
zu verdanken, daß zunächst die etwa 1860 in Zell entstandenen und nach
einem erbschaftsbedingten Umweg über die USA wieder in den Besitz der
Schwestern Meyer gelangten Reste des Tafelservices „Grün-Gold" dem
Zeller Museum gestiftet wurden. Etwas später schenkte dann Frau Gertrud
Meyer dem Museum noch den Zizenhausener Totentanz, den sie von ihrer
Schwester geerbt hatte.

Die heute im Zeller Museum befindliche Totentanzfolge wurde von Andreas
Sohn, dem Enkel Antons, am Ende des 19. Jahrhunderts geformt und
bemalt, wie einer der letzten mit der Keramikfertigung noch befaßten
Nachkommen der Familie Herr Otto Müller-Sohn (Ur-Ur-Enkel Antons) in
einem Gutachten bestätigt.

1905 kosteten die 42 Doppelfiguren einschließlich Unternehmensgewinn
45 Mark. Bei einer Arbeitszeit von etwa 150 Stunden war das ein Stundenlohn
von weniger als 30 Pfenningen. Würde man heutige Löhne, Nebenkosten
, Steuern usw. zu Grunde legen, müßte die Einzelgruppe etwa
1200 DM kosten, die Gesamtfolge also ca. 50 000 DM. Damit wird auch
verständlich, warum diese ausdrucksstarke, kunstvolle Keramikfertigung
in unserem Jahrhundert kaum noch Überlebenschancen hatte. Neben der
Kostenfrage spielt sicher auch eine Änderung des Geschmacks eine Rolle.
Man kann sich zwar vorstellen, daß es für die vielfältigen Themen der Zizenhausener
Terrakotten (Krippenfiguren, Trachtengruppen, humoristische
und burleske Szenen) durchaus noch ein gewisses Interesse gäbe, aber vermutlich
doch nur noch sehr bedingt für den mahnenden, abschreckenden,
an die menschliche Vergänglichkeit erinnernden Totentanz.

Von den spätmittelalterlichen Bußpredigten und dem mahnenden Aufruf
der Totentanzgemälde bis zu den so hervorragend gefertigten, schönen Terrakottafiguren
der Familie Sohn aus Zizenhausen spannt sich ein weiter
Bogen. Geblieben ist das auch heute gültige, auf den Sockel des Beinhauses
geschriebene Memento mori: „O Mensch betracht, und nicht veracht,
hie die Figur. All Creatur, die nimmt der Tod früh oder spoth, gleichwie
die Blum im Feld zergoth."

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