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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 556
(PDF, 147 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0556
tert, um auch die überwiegend evangelischen Orte im Ried zu berücksichtigen
. Eine vergleichbare Quelle aus der Sicht evangelischer Pfarrer existiert
allerdings nicht.

Differenzen in der Schilderung

Die Berichte halten nicht nur die lokalen Ereignisse fest, sondern spiegeln
auch die damalige Stimmungslage wider. Trotz vieler Gemeinsamkeiten in
der schriftlichen Überlieferung ergibt die Serie ein sehr heterogenes und
differenziertes Bild über die damaligen Ereignisse. Dieses Bild hing
zwangsläufig von den jeweiligen militärischen (und militärstrategischen)
Vorkommnissen, von der Haltung des Pfarrers und seiner Gemeinde zum
nationalsozialistischen Regime und schließlich vom Auftreten und Verhalten
der französischen Truppen ab. Ebenso entscheidend war der Zeitpunkt,
an dem der Bericht verfaßt wurde.

So sind von der Offenburger Pfarrgemeinde Heilig Kreuz zwei Varianten
der Schilderung überliefert:

„Der heutige Sonntag, ein strahlender Frühling, bringt die Besetzung der
Stadt Offenburg durch alliierte Truppen, an der Spitze schwere Panzer
(. . .) Ratschreiber Isenmann soll sie übergeben, nachdem der OB Dr. Rombach
und viele andere Persönlichkeiten der Partei die Stadt bereits verlassen
haben (. . .) Das Gefühl der ,Befreiung' bemächtigte sich vieler Menschen
, der sinnlos gewordene Krieg braust vorüber und enthebt uns der
ständigen Angst und Sorge. Ich sehe den ersten schweren Panzer von der
Pfarrstraße aus die Hauptstraße durchrollen und uns erfaßt ein tiefes Gefühl
von Traurigkeit: so mußte das alles enden! Welch ein Meer von Entsetzen
, Grauen und Elend schlägt seine letzten Wellen an die Mauern unserer
Stadt! (. . .) Man sieht auch freudige Gesichter: Wir haben es überstanden
!"1

Nur zwei Jahre später schreibt der gleiche Chronist:

„Das Gefühl der ,Befreiung' aus der Not und dem Elend der langen
Kriegsjahre weicht sehr rasch einer großen Enttäuschung. Die feindliche
Soldateska plündert, manchmal vom deutschen ,Mob' unterstützt, die Geschäfte
der Stadt. Die Ablieferung aller Radio- und Photoapparate, die
dann von der Truppe an sich genommen bzw. wahllos zerstört werden,
ernüchtert die Gemüter noch mehr. Da und dort finden Vergewaltigungen
statt. 46 Frauen bzw. Mädchen suchen im l. Vierteljahr ärztliche Hilfe im
hiesigen Krankenhaus. Vorstellungen bei der Kommandantur bleiben erfolglos
: die Truppe sei undiszipliniert, durch den langen Krieg verroht und

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