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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 557
(PDF, 147 MB)
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man habe keinerlei Einfluß auf sie. Es wird Vergeltung geübt unter dauernder
Berufung auf das Treiben der SS."2

Dieses drastische Urteil des Offenburger Pfarrers vom Januar 1947 entsprach
der Haltung der damaligen öffentlichen Meinung, fiel also nicht
„aus dem Rahmen". Die Stimmung der Bevölkerung des Landkreises Offenburg
, so ein politischer Stimmungsbericht Mitte 1947, sei „sehr pessimistisch
und nahezu auf dem Nullpunkt angelangt. . ."3 Man sprach mehr
von den Fehlern der Alliierten als von den nationalsozialistischen Verbrechen
.

Die Irrtümer, Fehlleistungen und Mißgriffe der französischen Besatzungsmacht
wurden teilweise mit den Vergehen der Nationalsozialisten auf eine
Stufe gestellt.4

Zwischen beiden Offenburger Schilderungen lag ein Ereignis, das die
Stimmung zwischen der französischen Besatzungsmacht und der Bevölkerung
verschärfte und eine Veränderung in der subjektiven Wahrnehmung
und politischen Bewertung des Kriegsendes spürbar machte: die entsetzlichen
Explosionen in der Offenburger Ihlenfeldkaserne am 4. Mai 1945, bei
der 114 russische und polnische Zwangsarbeiter, darunter viele Frauen und
Kinder, und Kriegsgefangene ums Leben kamen, und die Plünderungen
und Räumungen von Wohnungen im Anschluß an dieses Massaker.

Die Wahrnehmung des Kriegsendes, wie sie aus den Berichten der Offenburger
Pfarreien (die heute eingemeindeten Ortschaften inbegriffen) hervorgeht
, läßt sich in vier Varianten der Schilderung zusammenfassen.

(1) Der knappe und nüchtern gehaltene Bericht, der wertende, klagende
oder zukunftsorientierte Äußerungen ausspart. Beispielsweise der Waltersweierer
Pfarrer:

„Dem hochwürdigsten Erzb. Ordinariat teile ich nach Umfrage bei der Bevölkerung
das Nachfolgende mit: Das Dorf Waltersweier war durch die
Nähe Offenburgs zwar schwer gefährdet, hat aber nicht den geringsten
Verlust erlitten (. . .) Die Besetzung vollzog sich am Sonntag, den 15.
April, ohne besondere Ereignisse."

(2) Einige Chronisten erwecken den Eindruck, als ob die Besetzung durch
die Franzosen der Beginn der Apokalypse wäre. Vor allem der Einmarsch
farbiger Truppen und die zahlreichen Requirierungen stoßen auf Unbehagen
, nach dem Motto: „Bei allem Verständnis für die Siegermacht, die
Franzosen schießen über das Ziel hinaus. So wie die sich aufführen, waren
wir nun aber wirklich nicht!" Im nächsten Fall werden Taten gegeneinander
aufgezählt, wie z.B. Bohlsbach, das in der Nachbarschaft des Offenburger
Kriegsgefangenenlagers lag:

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