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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 586
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0586
SS-Männern ohne Gerichtsverhandlung im Wald ermordet und verscharrt
wurde.

Nachdem die Gauleitung, die sich vierzehn Tage im Ort aufgehalten hatte, abgezogen
war, wurde Bad Rippoldsau am 20. April kampflos den Franzosen übergeben.
Im Bezug auf Plünderungen machte der Pfarrer die interessante Beobachtung, daß
die eigentlichen Nazi verschont blieben. Zwei ehemalige Parteimitglieder wurden
von den Franzosen verhaftet, die übrigen verhielten sich ruhig.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren äußerst schlecht, da kaum Versorgungsgüter
von außen in die Gemeinde gelangten und nur wenig selbst produziert werden
konnte. Außerdem mußte das wenige mit der zeitweise 300 Mann starken Besatzungstruppe
geteilt werden. Trotzdem bezeichnete der Berichterstatter das Verhältnis
zwischen der Bevölkerung und den Franzosen als gut. Ebenso als gut beschreibt
er das kirchlich religiöse Leben im Pfarrort. (1.8. 1945)

Sehr ausführlich geht der Pfarrer von Schenkenzell auf die Ereignisse zum
Kriegsende ein. Wie in anderen Orten des Kinzigtals herrschte hier bis ins Jahr
1944 relative Ruhe, die dann immer häufiger von feindlichen Flugzeugen gestört
wurde. So etwa am 22. Februar 1945, als Jagdbomber den Ort angriffen. In Folge
der Fliegerangriffe kamen vier Personen, ein Mann aus dem Sudetenland und drei
russische Arbeiter, ums Leben. Der Feldbau wurde nicht gestört, dagegen mußte
der Gottesdienst auf die Morgen- und Abendstunden verlegt werden.
Mitte April spitzte sich die Lage immer weiter zu, „auf dem Rathaus wurden die
Hitlerbilder abgehängt, die Parteiabzeichen entfernt, Fahnen und Akten verbrannt
". Unklar war bis zuletzt, ob der Ort verteidigt werden sollte. Am Abend des

20. April kam der Pfarrer aus Schiltach zurück und fand sich plötzlich in der Ortsmitte
von französischen Soldaten umgeben. Es handelte sich dabei um ein Vorauskommando
, das von der Stadtverwaltung die Öffnung der Panzersperren für den
nächsten Morgen forderte. Bei Einbruch der Dunkelheit kam es dann zu einem
Feuergefecht zwischen dem französischen Spähtrupp und der Nachhut der abziehenden
deutschen Truppen. Dabei wurde eine Zivilistin, die sich trotz der offensichtlichen
Gefahr auf die Straße begeben hatte, getötet. Am frühen Morgen des

21. April wurde der Ort den Franzosen übergeben.

Die Parteileute waren „kleinlaut und wie aus den Wolken gefallen". Der ehemalige
Ortsgruppenleiter sowie ein weiterer Parteiangehöriger wurden von einem
Franzosen erschossen, „der auf eigene Rechnung Rache übte".
Die Bevölkerung war sehr verärgert über das Verhalten der Parteileute kurz vor
der Besetzung der Gemeinde, durch das unnötige Gefahr und Zerstörung verursacht
worden war. So etwa die Sprengung der Eisenbahnbrücke, bei der benachbarte
Häuser beschädigt wurden, oder der Beschuß der französischen Vorhut durch
abziehende deutsche Truppen. Doch die Besetzung gab noch keinen Anlaß zur Beruhigung
, da bekannt war, daß einige Männer der Gestapo in der Umgebung Lebensmittellager
für den Partisanenkampf angelegt hatten. Dieser fand aber zum
Glück nicht statt.

Nach der Ortsübergabe wurden die Häuser durchsucht. Als beachtenswert hält der
Pfarrer fest: „Die Kirchen blieben unbetreten, was man immerhin als Kulturfortschritt
in den Pfarrchroniken vermerken soll."

Die Situation in der Gemeinde war, verglichen mit anderen Orten, gut, was vor al-

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