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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 607
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0607
kommandant, den strikten Befehl, das Städtchen zu verteidigen, das damit dem
sichern Untergang geweiht gewesen wäre. Einige Bürger beschworen ihn, mit den
Truppen abzuziehen, was er dann am letzten Tage auch tat. Die Soldaten wollten
ja alle nicht mehr kämpfen; die Franzosen gewannen daher ihre Schlachten in der
Regel sehr leicht...

Am Tage vor u. am Tage des Einmarsches selbst wurden jeweils etwa 60-80
17 cm-Granaten auf die Gegend vom Friedhof, Linde, Bahnhof, Karl-Friedrichstraße
, Biesle u. Schlüssel geworfen ...

Am 16. April hörte man, bei Oberkirch werde gekämpft, Oberkirch werde beschossen
, es sei von den Franzosen schon eingenommen; aber niemand konnte etwas
verbürgen. Da fuhr am Abend Herr Büchele von Oberkirch bei Bruders vor u.
erzählte, daß sein Schwager, Metzgermeister Herzog, von einer Granate in seinem
Hause getötet u. dessen Tochter ein Bein abgerissen worden seien; er wolle sie soeben
in seinem Auto nach Bad Peterstal ins dortige Krankenhaus verbringen, wo
sie vermutlich sicherer sei als in Oberkirch. So erfuhr man, daß die Front also in
nächster Nähe war.

Am 18. April, dem Tage des Einmarsches, fühlten feindliche Panzer am Vormittage
bis zur Dreikönigsbrücke vor, wurden aber von den aus Oppenau abgezogenen
Geschützen u. Maschinengewehren, die sich im nahen Ibach beim vorderen Bühl
u. den angrenzenden Höhen aufgestellt hatten, mit Feuer empfangen u. zogen sich
wieder zurück. Bei der darauf einsetzenden Beschießung wurde im neuen Schulhaus
am Biesle ein Zahlmeister u. im Steinenbach ein Mädchen getötet; 3 Bauernhäuser
u. das Bahnwärterhaus daselbst brannten nieder. Gegen 1/2 12 Uhr wurde
es ruhig; meine Schwägerin kochte einen Riesentopf voll Suppe für all die Sicherheit
Suchenden, u. wer Appetit hatte, aß bis er satt war. Jedermann fühlte, daß jetzt
die Entscheidung unmittelbar bevorstand. Etwa um 2 Uhr standen 2 Soldaten im
Hof der Bierbrauerei u. sagten, es werde gleich krachen; sie hätten den Auftrag,
das Vierlingsmaschinengewehr zu sprengen, da kein Benzin für dessen Weitertransport
mehr vorhanden wäre! Nachdem die Sprengung beim neuen Schulhaus
erfolgt war, gingen sie als die letzten Soldaten aus Oppenau weg, talaufwärts,
Ibach Löcherberg zu: Oppenau war unverteidigt.

Auch die Geschütze vom vorderen Bühl zogen ab, u. nachdem noch die obere Finkenbrücke
in völlig sinnloser Weise gesprengt worden war, denn man konnte dennoch
rechts u. links davon mit Mann u. Roß u. Wagen ungehindert vordringen!! u.
auch der Ortsgruppenleiter Otto mit seiner Familie sich lautlos verzogen hatte,
wurde alles, was das Militär zurückgelassen hatte: Brot, Schweizer Käse u. sonstige
Lebensmittel, ferner Hemden, Unterhosen, Wolldecken usw. unter die Bevölkerung
verteilt. Währenddessen gegen 6 Uhr nachmittags hieß es plötzlich, sie kommen
!

Gendarm Boschert ging mit einer weißen Fahne vom Rathause aus nach dem Ortseingang
bei der Linde u. traf dort auf die französischen Soldaten: es waren Marokkaner
. Boschert meldete dem Befehlshaber, daß in Oppenau selbst keine Truppen

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