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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 608
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mehr seien, das Städtchen also nicht verteidigt würde, die Franzosen demnach
ungefährdet einziehen könnten. Der Offizier nahm die Meldung zur Kenntnis,
machte aber den Gendarmen darauf aufmerksam, daß er, der Bürgermeister u. der
Gemeinderat, für jedes feindliche Vorkommnis verantwortlich gemacht werden
würden. Nun begann der Einmarsch. Während noch die Bevölkerung die Lebensmittel
in Empfang nahm u. heimtrug, rückten oder besser schlichen zu beiden Seiten
der Hauptstraße die Marokkaner mit schußbereitem Gewehr unterm Arm vor,
an der gaffenden Menge vorbei. Jeweils einzelne gingen in jedes Haus u. durchsuchten
alle Räume vom Keller bis zum Speicher nach deutschen Soldaten oder
Bewaffneten oder Waffen. Wo die Bewohner nicht anwesend waren u. abgeschlossen
war, wurden die Türen oder Fenster kurzerhand eingeschlagen oder aufgebrochen
, bis alle Häuser durchsucht u. Oppenau besetzt war.

Währenddessen schössen die in Löcherberg stehenden Batterien u. die auf den
umliegenden Höhen vereinzelt noch anwesenden Maschinengewehre auf die besetzenden
Truppen, wodurch noch einige Häuser getroffen wurden ...

Die Franzosen wollten nun festgestellt haben, daß aus der Richtung des unteren
Hugenhofes, ja aus diesem selbst, auf sie geschossen worden sei. Bei der Durchsuchung
des Hauses wurden aber weder Bewaffnete noch Waffen gefunden; der Eigentümer
war noch in Kriegsgefangenschaft, u. die allein anwesenden Frauen u.
Kinder beteuerten, daß nicht geschossen worden sei; trotzdem wurde der große
Bauernhof angezündet, u. nichts durfte daraus gerettet werden.

In der Wohnung unserer Tochter hatte sich schon ein Posten von 5 Mann häuslich
niedergelassen. Eine in der Nähe einschlagende Granate hatte die Fenster eingedrückt
, u. so konnten die Türen leicht von innen geöffnet werden. Am Gartenzaun
bei der Treppe war ein Maschinengewehr in das Gebüsch eingegraben, Richtung
Ibach, der am weitest vorgeschobene Vorposten. Aus den Betten waren einige Matratzen
in den Keller gebracht worden für die abgelösten Soldaten. Der den Posten
führende Sergeant, übrigens ein weißhäutiger Franzose, machte uns in fließend
deutscher Sprache auf den lichterloh brennenden Hugenhof aufmerksam u. sagte,
das wäre zur Vergeltung dafür, daß aus dem Hause heraus auf sie geschossen worden
sei.

Als wir den Maschinengewehrstand sahen u. überlegten, daß in nächster Nähe
noch unsere Truppen standen, erkannte ich das Gefährliche der Lage, u. wir beschlossen
, wieder in unser Quartier der letzten Nacht zurückzukehren. Aber wie
ich eben mit einem Kinde auf dem Arm u. meiner Tochter weggehen wollte, brauste
der Sergeant auf: warum wir weggingen? uns geschehe nichts von seinen Leuten
, wir könnten ruhig hier schlafen. Ich wies ihn auf die gefährliche Lage hin, unsere
Leute seien noch ganz in der Nähe u. wenn ein nächtlicher Angriff erfolge,
sei das Häuschen u. seine Bewohner verloren. Das sah er nun ein u. da mein
Schwiegersohn erklärte, im Hause zu übernachten, war er zufrieden u. ließ uns
ziehen. Die Nacht verlief vollkommen ruhig u. als der Posten am anderen Vormittag
weiter talaufwärts zog, war im ganzen Hause nicht der geringste Verlust festzustellen
: vorbildliche Soldaten!

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