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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 613
(PDF, 147 MB)
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Freitag, 20. 4. Heute zelebriere ich wieder um 1XU in der Stadtkirche. Im Haushalt
hilft jetzt Frl. Baumann. Am Nachmittag schaue ich nach Frau Schöndienst. Sie ist
der Brückensprengung wegen zu Ciaassen gezogen. In ihrer Wohnung ist, wie ich
sehe, viel geplündert und zerstört worden. Besonders aber oben bei Fabrikant
Köhler. Ich sehe auch im Krankenhaus nach, wie es dort geht. Die Kranken sind
wieder in den Zimmern. Als ich heimkomme, stehen zwei Franzosen da und wollen
nach deutschen Soldaten und Waffen suchen. Ich muß mit ihnen in den Keller.
Sie finden nichts. Als sie fort sind, kommt Frau Braukmann, unser Flüchtling aus
Bochum, und sagt, sie habe mit Schrecken zugesehen. Denn sie habe ohne mein
Wissen den Säbel ihres Mannes im Keller versteckt! Sie hätte das ganze Haus
gefährden können. Sie muß ihn sofort im Garten vergraben.

Samstag, 21. 4. Heute nichts Besonderes. Man hört nur von vielen Plünderungen
und Zerstörungen. Heute nachmittag sehr wenig im Beichtstuhl zu tun. Die Leute
trauen sich nicht von den Häusern weg. Abends früh zu Bett. Seit Mittwoch haben
wir kein Licht und die Kerzen sind auch bald zu Ende.

Sonntag, 22. 4. Wir dürfen erst um 7.00 Uhr das Haus verlassen. Um 8.00 Uhr
halte ich Gottesdienst mit kurzer Predigt. Heute ist auch das erstemal wieder ein
Amt. Die Gottesdienste sind sehr gut besucht, trotzdem die Filialisten ihre
Gemeinden nicht verlassen dürfen. Einige Mutige sind gekommen und erzählen,
wie es gegangen. In Schwaibach ist es schlimm gewesen. Die kleine Brücke beim
Schulhaus ist gesprengt worden von den Deutschen, das Schulhaus angezündet
worden, weil Lebensmittel darin lagen, die der Feind nicht bekommen sollte!
Hauptlehrer Luem, der Stellung dagegen nahm mit dem Hinweis, daß alle
Gemeindeakten und auch noch ein großer Teil seiner Möbel darin seien, erhielt
von dem deutschen Offizier eine Ohrfeige und wäre um ein Haar erschossen worden
, weil er dagegen gesprochen und sein Hab und Gut und die Rathausakten in
Sicherheit bringen wollte. In Schönberg ist W. Gießler gestorben, auf eine Mine
gekommen. - Heute hatten wir eine Schreckensnacht für manche Frauen und
Mädchen. Die Marokkaner laufen aus und suchen Frauen und Mädchen zu vergewaltigen
, wenn sie sich ins Freie wagen. Im Löwenberg'schen Palais springen die
jungen Frauen zum Fenster heraus, nachdem sie 3 Stunden von den Marokkanern
mißhandelt wurden. Niemand konnte ihnen helfen. Auch anderswo sind solche
Fälle vorgekommen.

Mittwoch, den 25. April. Allmählich wird es ruhiger. Aber immer noch einzelne
Fälle von Durchsuchungen durch „Heimkehrer". Polen, Ukrainer u. R. plündern.

Freitag, den 27. April. Nachmittags Krankenbesuch in Schwaibach und Bergach.
Auf dem Heimweg komme ich gerade dazu, wie die Kamine des unnötig verbrannten
Rat- und Schulhauses umgelegt wurden. An der Schneckenmatte werde
ich von einer Frau zu Hilfe gerufen. Die Kerls fluchen und kommen mir entgegen.
Ich bat einen Wachposten zu helfen. C'est la guerre! erhielt ich zur Antwort. Eine
andere Patrouille hilft wohl in der Stadt, aber nicht hier draußen. Auch Offiziere,
denen ich den Fall vortrage, verweisen mich an eine andere Stelle. So geht fast
eine Stunde drauf.

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