Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 620
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hatten, was sich im Dorf während der Nacht abgespielt hatte. Ich zelebrierte an
diesem Morgen nicht und teilte nur die hl. Kommunion aus. Gegen Morgen krochen
dann auch die andern aus dem Keller. Das Haus war unversehrt. In den Zimmern
des 1. Stocks, in denen die Franzosen kampiert hatten, waren die Kasten und
Kästen durchwühlt. Weggenommen waren nur einige Kleinigkeiten; es war erträglich
.

Der Ort wimmelt von französischen Soldaten

Im Laufe des Vormittags rückte dann die französische Hauptmacht an. Lastwagen
auf Lastwagen rollte heran, besetzt mit Infanterie. Dann brummten Panzer heran.
Ein eindrucksvolles Bild militärischer Macht, verglichen vor allem mit dem kläglichen
Bild, das die deutsche Wehrmacht wenige Stunden zuvor noch geboten hatte.
Dagegen war auch mit den in der Propaganda so viel gepriesenen und oft versprochenen
deutschen Wunderwaffen nicht anzukommen. Die letzte und entscheiden-
ste war übrigens in den Aufrufen der letzten Tage „das unbesiegliche deutsche
Herz". Versuche, was Du damit gegen Panzer und Flugzeuge machen kannst! Unser
Ort wimmelt von französischen Soldaten; jedes Haus ist belegt. Gleich geht
auch ein riesiges Geschieße los, aber nicht auf Menschen, sondern auf Hühner.
Wir im Pfarrhof haben 8 Hennen und 1 Hahn eingebüßt. In unserem Haus waren
an diesem Tag etwa 35 Mann. Sie beschränkten sich auf die Räume im 1. Stock. In
der Küche wurde gekocht, gebacken und gebraten. Sie brachten ihre gestohlenen
Hühner, Eier, die sie „organisiert" hatten, Butter, den sie „gefunden" hatten. Und
dabei hatten sie eine Verpflegung aus amerikanischen Beständen - es war überhaupt
alles amerikanisch, was die Franzosen hatten, vom Hemd angefangen bis zu
den Panzern, die leicht hätten unsern Neid erregen können.

Die Soldaten entdecken ein Lager mit Likör

Ungemütlich wurde es am Nachmittag, als die Franzosen in der Krone ein großes
Lager mit Likör, das von der Firma Zimmermann in Lahr dort untergebracht war,
entdeckten. Nun feierten sie Hitlers Geburtstag, indem sie sich alle besoffen. Zum
Glück wurde die meist besoffene Abteilung noch im Laufe des Spätnachmittags zu
einer Säuberungsaktion gegen das Loh und den Hünersedel zu eingesetzt. So
konnten sie ihren Alkoholdunst durch die Bewegung etwas vertreiben.

Am Geisberg spielten sich kleinere Kämpfe ab. Die Franzosen kamen dorthin von
allen Seiten, das Tal herauf, durch den Prinschbach, den Durenbach. Vor sich her
trieben sie den Volkssturm, der zum Widerstand natürlich unfähig war. In der
Nähe des Höhenwirtshauses stand eine deutsche Batterie, die noch einige Stunden
feuerte. Einige Salven gingen auch über das Dorf hinweg und schlugen in der
Steig ein. Schaden haben sie nicht gemacht.

Für die Nacht hatten wir ca. 30 französische Soldaten im Quartier. Sie blieben im
l. Stock. Wir konnten wieder im 2. Stock schlafen, drei von uns schliefen im Kel-

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