Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 621
(PDF, 147 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0621
ler, um die dort untergebrachten Sachen etwas zu schützen. In dieser Nacht schlief
die Kronenwirtin mit ihren Kindern bei uns, in deren Haus es drunter und drüber
ging. An diesem Tage hörte ich noch im Rundfunk die Göbbelsrede zu Hitlers Geburtstag
. Es war unerträglich! Sein verlogen-pathetisches Getue von der germanischen
Gefolgschaftstreue bis zum Tode. Vom Endsieg hat er diesmal nicht mehr
gesprochen.

Samstag, den 21. April 1945. Wir sind die „sales boches"

Das gleiche militärische Schauspiel wie am Tage zuvor. Ein Teil der Autos rücken
ab, dafür kommen andere. Zum Mittagessen sind 35 Mann im Haus. Für 20 wird
die Verpflegung gestellt, die andern verköstigen wir. Im Laufe des Tages verhandle
ich - wie schon am Tage zuvor - mit dem französischen Colonel wegen der
Durchführung der Gottesdienste. Sie sollen durch die bestehende Ausgangssperre
in keiner Weise behindert werden. Der Colonel war korrekt, aber sehr distanziert.
Wir sind für ihn die „sales boches".

Erste Vergewaltigung

Auch die Leiche des gefallenen Matthias Wangler darf überführt werden. Sie wird
gegen Abend ins Pfarrhaus gebracht und dort aufgebahrt.

An diesem Tag geschah die erste Vergewaltigung im Ort. Eine Evakuierte, Mutter
von zwei Kindern, die schon vorher durch ihr saloppes Wesen unangenehm aufgefallen
war, produzierte sich etwas provozierend - in Männertracht und mit betonter
Figur - vor französischen Soldaten. Sie schnappten die Frau und fünf (Soldaten
) sollen sie mißbraucht haben.

Man hat sonst noch von gelegentlichen Versuchen ähnlicher Art in den ersten Tagen
gehört. Aber die Eltern konnten sie immer noch abwehren und ihre Mädchen
in Sicherheit bringen.

Die Nacht verlief bei uns im Pfarrhaus ruhig. Wieder übernachteten etwa 20
Mann, die schon die Nacht zuvor bei uns waren, hier. Sie waren gegen Abend
zurückgekommen. In anderen Häusern ging es unruhiger und lebhafter zu.

Volks Sturmmänner kehren zurück

Im Laufe dieser Tage kamen auch unsere Volkssturmmänner zurück, diese armen
„Mußsoldaten". Sie waren bei ihrem Verein davongelaufen - das Vernünftigste,
was sie tun konnten. Durch die Wälder schlugen sie sich durch, immer in der Sorge
, von einer französischen Streife gestellt und sogar erschossen zu werden. Fünf
Schweighausener wurden bei der Ettenheimer Hütte geschnappt und gefangen
fortgeführt.

Am Freitag und Samstag wurde eine ganze Anzahl deutscher Gefangener nach
Schweighausen gebracht. Männer, die einem wahrhaftig leid tun konnten. Die Be-

621


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0621