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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 631
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Und dann nehmen Hast und Trubel ab, die Frauen bringen mit ihren Leiter-
wägele die Habseligkeiten in die Stollen und Keller, halten die Kinder an der
Hand. Die letzten deutschen Soldaten verlassen das Städtle; an der Friedhofsmauer
sieht man um die Mittagszeit noch zwei Landser, die ihr Kochgeschirr
auslöffeln. Es wird still und immer stiller im Städtchen, bleierne Ruhe
herrscht, wie sie vor dem Eindringen fremder Soldaten sich immer über die
Orte legt. Von der Reichsstraße (Bundesstraße) beim Zollhaus biegen französische
Panzer in die Rheinstraße ein. Junge Männer beobachten von einem
Hang bei der Volksschule (Realschule) den Anmarsch. Die Panzersperre
bei der Beizmühle und nachher jene nahe der Reparaturwerkstätte Ostermann
zwingen zum Halten. Der französische Zugführer stutzt, geht erstmals
in Lauerstellung, fordert Infanterie an, die helfen soll, die Sperre zu öffnen.
Mit dem Jeep fährt der Befehlshaber der französischen Einheit, General
Caldairou, heran, drängt auf Eile, gibt Befehl zum schnellen Weitermarsch.
Mit Hilfe von freigewordenen Kriegsgefangenen werden die Sperren geöffnet
. Die Panzer fahren in die Stadt, drehen bei der Dirnlebrücke, wo sie auf
dem stärkeren östlichen Brückenteil fahren - man weiß dies offenbar - in
die Altstadt ein. Die Kirchturmuhr schlägt gerade 15.45 Uhr als Paul Fuchs
den ersten Panzer zum Nepomukbrunnen fahren sieht. Infanteristen schwärmen
durch die Straßen, durchsuchen den Freyhof, durchkämmen Gehöfte;
auf Ketterers (heute Bauers) Hausmäuerle sitzend, sieht eine Frau, wie ein
Soldat, das Gewehr in der Hüfte, um Hermann Machleids Hausecke in die
Ettikostraße läuft. Zur Stadtkirche zieht ein Trupp hinauf, verlangt Einlaß,
weil befürchtet wird, daß sich auf dem Kirchturm ein Beobachtungsposten
aufhält. Von Mayer-Mesners wird den Soldaten gezeigt, daß der Turm verschlossen
ist, und damit geben sich die Franzosen zufrieden. Einige Zeit
später übergibt Fridolin Stork, bei dem sich auch der Ratsdiener Emil Hoch
befindet, auf der Rathaustreppe stehend, die Stadt an französische Offiziere.

An der Hauswand von Vennemans Fabrik, nahe dem Nepomukbrunnen,
stehen mit erhobenen Händen zwei Polizisten. Der eine wird von gefangenen
Polen jämmerlich verprügelt, und verdroschen wird im Stammgäßle
auch der wegen seines Bartes „Balbo" (nach einem italienischen Marschall
) genannte Gendarm. Dem ersten Polizisten, der auf den Boden
geworfen wird, zieht man auch die Stiefel von den Beinen.

Langsam rückt die Panzerkolonne stadtaufwärts, hält beim „Lamm" an, wo
den Soldaten von der verängstigten Wirtin Bier angeboten wird. Es trinken
einige, andere lehnen das Getränk schroff ab, schmettern schließlich die
Gläser an die Wirtshauswand. Auf einem der Panzer sitzen, dazu gezwungen
, zwei Deutsche, ein verwundeter Zivilist aus Kippenheim und der
hiesige Hilfspolizist Josef Sonneck. Hans Guttenberg, der im weißen
Ärztemantel auf der Haustreppe steht, macht einen französischen Leutnant

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