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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 632
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darauf aufmerksam, daß es sich bei den deutschen „Beifahrern" nicht um
Soldaten handelt. Der Offizier ist einsichtig, läßt die beiden vom Panzer
heruntersteigen. Er besichtigt gemeinsam mit zwei Soldaten, die bewaffnet
sind, den tiefen „Lamm"-Keller, wo Frauen und Kinder Schutz gesucht
haben. Ein fürchterliches Wehgeschrei empfängt die drei, das den Leutnant
erschrecken läßt und der seine bewaffneten Kameraden vom Betreten des
Kellers abhält.

Auch im alten Brauereikeller vor dem Oberen Tor und in den Räumen der
Stumpenfabrik Weber & Söhne weilen Frauen und Kinder und noch einige
Männer. Dorthin geht der Leutnant, kontrolliert die Insassen, spricht mit
einigen Frauen, nimmt ihnen so die Angst, zeigt ihnen Bilder von seiner
Frau und seinen Kindern. Zwei Marokkaner sind auch in des Offiziers Geleit
. Sie merken, daß eine Frau von einem Asthma-Anfall geplagt wird,
führen sie behutsam hinaus ins Freie, setzen sie auf eine Bank, damit sie
dort ausruhen und frische Luft schöpfen kann. Zwei Kindern streicheln sie
sacht über die Haare, geben ihnen Schokolade, lösen auf diese Weise
Angst und Spannung. Unter den Frauen befindet sich auch ein verwundeter
deutscher Soldat (in Uniform sogar); der Leutnant bittet den Kriegsgefangenen
Fernand, der bei Emil Vögele arbeitet, den Mann nach Hause zu
bringen. Hilfsbereit verhalten sich auch die hier lebenden französischen
Kriegsgefangenen. Sie mäßigen Zorn und Abneigung der einrückenden
französischen Truppen, stellen sogar tagelang eine Wache vor dem Hause
des Arztes Dr. Gustav Guttenberg auf, der sie die ganzen Jahre genau so
fürsorglich wie seine einheimischen Patienten betreut hat. Es gibt, wen
wundert es in schlimmen Kriegszeiten, auch andere: im Brauereihof zeigt
einer, voller Verachtung, den blanken Hintern, eine ältere Frau sucht nach
einer Vergewaltigung blutend Schutz im Keller eines Nachbarn, manches
Haus wird durchsucht, was oft nicht ohne Folgen vor sich geht.

So wird in Schneiders Laden die Theke umgestürzt und einiges zerstört,
die Schränke werden durchwühlt, Kleider herausgerissen und auf ein Bett
geworfen - ein Witzbold legte ein Hitler-Bild darauf. Aus des Werber-
Schneiders Wohnung flog ein Eier-Ständle auf die Straße, ein Gehrock
samt Zylinder wird aus dem Fenster gefeuert. Ins Säge-Becke Schopf muß
ein Guller sein Leben lassen; er wurde dort gerupft, gebraten und von Marokkanern
verspeist. Der Steudel-Stollen wurde durchstreift - einige Insassen
meinten, es seien deutsche Soldaten zurückgekommen. Ein Volkssturmmann
ergab sich dort, ein französischer Soldat warf sich auf die Erde
und schoß in die Altwickgasse hinein.

Der Panzertruppe eilt es, sie fährt in den Mühlenweg, sichert aber auch,
mit Geschützen oder einem Spähpanzer, gegen den Kretzenbach und die

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