Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 636
(PDF, 147 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0636
Land, detoniert irgendwo. Binnen kurzer Zeit sind Jabos am Himmel, suchen
den Anlaß zu ergründen. Nur leicht verletzt wurden ein oder zwei
junge Leute - es hätte viel schlimmer ausgehen können.

Zuletzt blieben nur Leid und Trauer

Bis Ende März 1938 war Karl Voegele Bürgermeister der Stadt, dann trat
er vorzeitig, freiwillig oder gezwungen, wegen Erreichen der Altersgrenze
zurück. Es stand schon ein Nachfolger bereit. Der Parteibeauftragte der
NSDAP, das war nach der Deutschen Gemeindeordnung der Kreisleiter,
hatte den aus Heiligenzell stammenden und als Gerichtsvollzieher in Überlingen
tätigen Eduard Seitz vorgeschlagen, der im Einvernehmen mit dem
Landrat ins Amt berufen wurde. Er übte es bis zur Amtsenthebung kurz
vor dem Einmarsch der Franzosen aus. Nachher war er geflohen, und niemand
wußte, wo er Unterschlupf gefunden hatte.

In jener Zeit zeigten sich einige Leute bereit, der Besatzungsmacht in vielerlei
Hinsicht behilflich zu sein, so auch bei den Schwarzwaldbauern Ferkel
zu kaufen. Bei der Suche fanden sie die Spur von Eduard Seitz, und sie
meldeten dies dem Henri Tarenne, der einst beim Uhrmacher Walter Nann
gearbeitet hatte und nunmehr als eine Art Stadtkommandant tätig war. Als
ehemaliger Kriegsgefangener kannte er den früheren Bürgermeister. Er
stellte sofort ein Kommando mit Franzosen und Polen zusammen, bewaffnete
sie, zog auch Leute hinzu, die als Vermittler zwischen der Besatzungsmacht
und dem neuen Bürgermeister wirkten, beschaffte Fahrzeuge und
fuhr mit dem Trupp nach Oberbiederbach. An das Bauernhaus, in dem
Seitz weilte, schlich sich die Gruppe des nachts heran. Als der Hofhund
bellte, trat der Bauer zur Tür heraus, bestätigte, daß er Fremde beherberge,
die auf der Flucht seien. Es handelte sich, wie aus der Personenbeschreibung
zu ersehen war, um Eduard Seitz und seine Frau.

Leise schlich der Trupp die Treppen hinauf; mit einem gewaltigen Satz
warf sich ein Pole auf die Zimmertür, die aufbrach. Eduard Seitz, der im
Bett ruhte, griff zwar nach seiner Pistole, doch verzichtete er auf Widerstand
als er einsehen mußte, daß dies sinnlos war. Seitz und seine Frau
wurden abgeführt; zunächst ging es in eine Wirtschaft, wo tüchtig gevespert
wurde, und auch die Festgenommenen einen Riegel Speck erhielten.
In aller Frühe kam man in der Stadt an, es war Montag, der 7. Mai 1945,
an dem die Bittwoche mit der ersten Flurprozession begann.

Wild begannen Franzosen und Polen, als die Kolonne in die Stadt einfuhr,
in die Luft zu schießen. „Mr hänn sie", schrieen die Deutschen laut, „mr

636


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0636