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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 647
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Schwarzwaldbahn und nach Hornberg gekommen, nach getaner Arbeit
sich das Leben mit geringen Mitteln nach seinen sonderbaren, spleenigen
Ideen gestaltete, als Pensionär, Gourmet, Angler und Experimentator mit
Heilbädern und Mineralsalzen, aber ohne systematische Arbeit, mit nächtlichen
Spaziergängen und der Hoffnung, im Alter noch Herzog zu werden.
Trotz dieser exzentrischen Lebensweise war er von der Einwohnerschaft
Hornbergs hochgeachtet, wurde, da die Aussprache des Wortes
„Hamilton"16 schwierig war, „Himmelanton" genannt, aber mit „Herr Baron
" angeredet. Bei Beerdigungen hatte er die Familie Baumann zu vertreten
, und seine Gestalt beherrschte den Trauerzug - mehr noch als der Trauerwagen
selbst. „Die Straße war seine Via triumphalis"17. Gewiß eine Einmaligkeit
auf der ganzen Welt, diese einsame Gestalt im Straßenbild Hornbergs
. Und Hausenstein hält es der Erinnerung für wert, daß seine
Großmutter, eine Köchin von Gottes Gnaden, die „feine Meisterin der
Küche, zwischen Straßburg, Paris und Wien inmitten"18, diesem Sonderling
allabendlich das Beefsteak selbst briet.

So hat die Welt des noch nicht Zehnjährigen aus unmittelbarem Erleben
tiefe menschliche, geistige, geistliche, künstlerische, selbst schon in Ansätzen
politische Dimensionen. Die Grundlagen für ein reiches geistiges Leben
sind in Hornberg gelegt worden. Es sollte ihm vergönnt sein, mit seinen
Pfunden zu wuchern.

Erst nach Jahrzehnten, Ende der Zwanzigerjahre, sah Hausenstein die Stadt
seiner Kindheit wieder. Beinahe ungewollt, wie vom Instinkt geleitet, unterbrach
er mit seiner Mutter eine Reise von Karlsruhe nach Basel, um die
Heimat wiederzusehen. Im Zug durch das Kinzigtal erlebte er eine knappe
Stunde voller Spannung und Erregung. Die Berge von Hornberg, die Burg,
die Stadt in ihrem dunkelgrünen Trichter aus Fichten, die Häuser, der
„Bären", fast alles ist noch wie einstens, aber die Angehörigen sind tot -
und die Veränderungen im ehemals großelterlichen Gasthof schmerzen,
kein Vetter mehr, der die beiden willkommen heißt, Gäste sind sie wie die
übrigen, ein Gang durchs Haus machte die Mutter „halb aufgebracht, halb
traurig"19, obwohl der Sohn meint, die Veränderungen bestünden nur in
Nuancen, der gute Brauch des zweiten Frühstücks ist geblieben, eine zufällige
Begegnung mit dem Maler Armbruster20, einem Verwandten, kam
über die gegenseitige Vorstellung kaum hinaus. - In der Geburtsstadt zu
schlafen erscheint unmöglich, sie wählen das Schwarzwaldhotel in Tri-
berg.

Haben die Dinge in der Zeit dazwischen einen guten Verlauf genommen?
Der wache Beobachter der Zeitläufte, der Literat Hausenstein, konnte
nichts dergleichen finden. Nichts ist besser geworden, nichts schöner - in

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