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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 432
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umlegung zum Opfer gefallen. Die Rettung brachte ein „öffentlicher Vortrag
über die kirchlichen Reformvorschläge des Landkapitels Offenburg im
Jahre 1832" am 29. Dezember 1908, den der damalige altkatholische Pfarrer
im Saal des Offenburger Hotel Ries hielt2. Selbst der, der katholischen
Kirche äußerst kritisch gegenüberstehende Offenburger Sozialdemokrat
Adolf Geck schrieb im „D'r Alt Offeburger":

„Die Aufräumungsarbeiten vor dem neuen Kirchplatz schreiten voran. Ihnen
muß auch die letzte Ruhestätte des im Jahre 1843 verstorbenen Stadtpfarrers
und Dekans Mersy weichen. (. . .) Der katholische Stiftungsrat
entschloß sich, Mittel zur Überführung des Grabmals bereitzustellen."3

Der Bruch in der Erinnerung läßt sich eindeutig auf die Niederschlagung
der Revolution in Offenburg datieren. Die Abrechnung mit den Ideen von
1848/49 schloß auch die Verdrängung liberaler und reformerischer Frühlingsträume
mit ein, die in Offenburg und anderen badischen Kommunen
lange Zeit gedeihen konnten. Dazu zählten die religiös-politischen Vorstellungen
einer ganzen Generation liberaler bzw. reformorientierter Kleriker,
die in Baden vor 1848 die Meinungsführerschaft einnahm. Die Kleriker
waren der Überzeugung, daß die Kirche als eine „klassenlose Bürgergesellschaft
organisiert werden müsse". Der liberale Katholizismus verfolgte
ein offensives Reformkonzept: „Erstens forderte man die Einberufung von
Synoden als Mitbestimmungsgremien, zweitens die Aufhebung des
Zwangszölibats4 und drittens eine pastorale Reform, die Verständlichkeit
für alle garantieren sollte."5

Die südwestdeutsche Kirchenreformbewegung hatte einen unverkennbaren
demokratischen Impuls. Seit der französischen Julirevolution 1830 setzte
eine Politisierung des katholischen Klerus ein. Geistliche begannen sich in
den Kammerwahlkämpfen zu engagieren und spielten in der liberalen Bewegung
des Vormärz eine bislang in der Forschung ungenügend gewürdigte
politische Rolle.

Nach 1849 blieb von den Vormärz-Ideen nicht mehr viel übrig. Die offizielle
katholische Kirchengeschichtsschreibung wandte sich von den Offenburger
Ideen entsetzt ab. Offenburg sei im Vormärz ein „Brutnest josefinischer
Neuerungen und revolutionärer Bestrebungen"6 gewesen: „Es herrschte
damals in Offenburg überhaupt ein sehr revolutionärer Geist auf dem
religiösen und politischen Gebiete. Wer übrigens weiß, daß der damalige
Pfarrektor und Dekan, der geistliche Rat M. (Mersy d.V) und sein erster
Adjutant K. (Kuhn d.V), Inhaber des Prädikatur-Beneficiums und zugleich
Professor und Religionslehrer am Gymnasium dortselbst, Freimaurer waren
, der wird sich nicht wundern, daß die freie Reichsstadt Offenburg, in

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