Freiburger historische Bestände - digital

Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen der römisch-katholischen
Kirche mit den Deutschkatholiken 1844/46 erlebten die Thesen Mersys eine
Wiederauferstehung. Die reformkritischen Christen betrachteten sie als
Ausdruck einer „unseligen Modernisierung".21 Die „ultramontan" orientierte
Süddeutsche Zeitung aus Freiburg verurteilte Dekan Mersy als einen
„durch Ehrgeiz in eine falsche Bahn fortgetriebenen Mann". Er soll seine
Thesen am Sterbebett vor Zeugen widerrufen haben22, was Karl Jensch in
seiner Mersy-Biografie allerdings bestreitet.23

Die Erinnerung an Franz Ludwig Mersy sollte nur bis ins Jahr 1849
währen. Erst als der von Offenburger Bürgern gestiftete Grabstein 1908 einer
Friedhofumlegung weichen sollte, erinnerten sich die Offenburger für
kurze Zeit an den vergessenen Offenburger Dekan.24

Mit der Straßenbenennung an der neuen Kulturmeile in der Offenburger
Oststadt will das Stadtarchiv Offenburg einen Beitrag zur Rehabilitation
dieses Mannes leisten und damit den Verfallsprozess von lokalhistorischer
Erinnerung etwas korrigieren helfen.

Anmerkungen

1 Kurzbiografien zu Mersy: Vgl. Franz Huber, Franz Ludwig Mersy. Ein Offenburger
Wessenberg-Nachspiel, in: ders., Otto Kähni (Hrsg.), Offenburg. Aus der Geschichte
einer Reichsstadt. Offenburger Köpfe, Offenburg 1951, S. 135 ff. Zur Person: D'r Alt
Offeburger, 1641, vom 3. 1. 1931. Eine Erinnerung an Franz Ludwig Mersy; Friedrich
von Weech (Hrsg.), Badische Biographien, Zweiter Teil, Heidelberg 1875, S. 73. Rainer
Schimpf relativiert Mersys Liberalismus vor allem wegen seiner öffentlichen Stellungnahme
zugunsten eines konservativen Abgeordneten; vgl. Rainer Schimpf, Offenburg
1802-1847. Zwischen Reichsstadt und Revolution, Offenburg 1997.

2 Ortenauer Bote vom 29. 11. 1908.

3 D'r Alt Offenburger vom 20. 12. 1908.

4 Zum sog. Zölibatssturm der 162 Geistlichen: Petition an die Badische II. Kammer der
Landstände vom Jahre 1831 für Aufhebung des Cölibatsgesetzes mit Vollmachten von
162 badischen katholischen Geistlichen und Antwort des Erzbischofs auf die Petition
vom Jahre 1828, Freiburg, 1831.

5 Thomas Mergel, Für eine bürgerliche Kirche. Antiultramontanismus, Liberalismus und
Bürgertum 1820-1850. Rheinland und Südwestdeutschland im Vergleich, in: ZGO,
144, 1996, S. 412 u. 415. Vgl. weiter Irmtraud Götz von Olenhusen, Fundamentalistische
Bewegungen im Umkreis der Revolution von 1848/49: Zur Vorgeschichte des badischen
Kulturkampfes, in: dies. (Hrsg.), Wunderbare Erscheinungen. Frauen und katholische
Frömmigkeit im 19. und 20. Jahrhundert, Paderborn 1995. Siehe auch: dies.,
Klerus und abweichendes Verhalten. Zur Sozialgeschichte katholischer Priester im 19.
Jahrhundert: Die Erzdiözese Freiburg, Göttingen 1994.

6 Leopold Kist, Studium und Studentenleben vor vierzig bis fünfzig Jahren und eine
schwere Prüfung nach absolviertem Universitäts-Studium. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte
des XIX. Jahrhunderts, Innsbruck 1891, S. 66.

7 Ebenda.

8 Wilhelm Weiß, Geschichte des Dekanats und der Dekane des Rural- oder Landkapitels,
Offenburg 1895, S. 261 ff.

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