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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 641
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Nach den beiden Beispielen der Friedhöfe und der Synagoge komme ich
zum dritten Beispiel des jüdischen Erbes, dem Lebenszeugnis des Nonnen-
weirer Bürgers Ludwig Frank.

Frank wurde 1874 in Schwanau/Nonnenweier geboren; er wurde Reichstagsabgeordneter
und fiel als Kriegsfreiwilliger am dritten Kriegstag 1914
in Lothringen. Hedwig Wachenheim schreibt in ihrer aus dem Jahre 1924
stammenden Biografie über das Milieu, dem Ludwig Frank entstammte
(ich zitiere Hedwig Wachenheim, eine jüdische Autorin, auch wenn ich das
Wort „Rasse" als Bestimmungsmerkmal in ihrem Zitat ablehne):

Diese Juden wohnen mit den Bauern in guter Eintracht, trotzdem sie
sich nicht nur durch die Rasse und Religionsausübung, sondern
auch durch ihren Beruf von ihnen unterscheiden. Und sie sind ebenso
wurzelfeste Söhne des Landes. Das war auch Ludwig Frank, er
hatte die gute Gradheit und Frische eines Mannes vom alemannischen
Dorf. Er war ein ganz unkomplizierter, ganz einfacher, ganz
natürlicher Mensch.

Im Jahre 1885 trat Ludwig Frank in die Quinta des Gymnasiums in Lahr
ein. Der evangelische Ortspfarrer hatte die Begabung des Kindes erkannt
und ihn auf die Aufnahme vorbereitet. Am Gymnasium in Lahr bewährte
er sich. Als bester Abiturient des Jahrganges 1893 hatte er, wie üblich, das
Privileg, die Abiturientenrede zu halten. In dieser setzte er sich mit Lessing
und Nathan dem Weisen auseinander. Die Impulse dazu hatte er im sozialistisch
orientierten Lessingverein in Lahr erhalten. Die zentralen Sätze seiner
Rede lauten:

Wenn wir ganz im Geiste des großen Reformators [Lessing] aufgehen
wollen, müssen wir die Wahrheit nicht bloß suchen, sondern
auch die praktischen Folgerungen aus ihr ziehen. Wir müssen gerecht
werden, wir müssen ein Herz haben für die Leiden der Tieferstehenden
. Wir dürfen uns nicht rüsten zu einem roh egoistischen In-
teressenskampf. Nein, unser Streiten sei ein Streiten um das Wohl aller
im Dienste der Allgemeinheit.

Die Rede wurde als so anstößig empfunden, daß Frank zunächst sein Abiturzeugnis
nicht erhalten sollte.

Ludwig Franks weiterer Lebensweg verlief folgerichtig: Zunächst studierte
er Jura, dann war er Gerichtsreferendar in Lahr und an anderen Orten. Er
schrieb eine Doktorarbeit über die Innungen in Baden und begründete eine
Anwaltskanzlei in Mannheim. Als Abgeordneter von Mannheim zog er in

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