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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 138
(PDF, 141 MB)
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formation und der Diskussion bot, in der überregionalen Berichterstattung
über das Fest keine Erwähnung mehr fand. Doch bevor darauf eingegangen
wird, soll kurz der volkstümliche Aspekt, das Freiheitsfest im engeren
Sinn, gestreift werden.

Obwohl der südwestdeutsche Kampf um Freiheit und politische Rechte an
der Reaktion der alten Machthaber in Preußen, Österreich-Ungarn und
Rußland scheiterte, war er doch auch von Anfang an mit einer traditionellen
Festkultur eng verbunden. Es war kein Zufall, daß die Offenburger
„Forderungen des Volkes" ausgerechnet in einem Gasthaus verabschiedet
wurden. Es ist genau diese enge Verzahnung von Politik und Fest, an der
das Offenburger Freiheitsfest ansetzte. Sein Ziel: Das Thema „1848" zu einem
Thema der Bevölkerung zu machen, es - trotz aller notwendigen wissenschaftlichen
Aufarbeitung - von den Schreibtischen der Historiker weg
auf die Straße zu holen. Denn: Wie anders als demokratisch, unter Beteiligung
der Menschen einer Region, kann das Jubiläum eines demokratischen
und revolutionären Aufstandes sinnvoll begangen werden? Deshalb war
das Freiheitsfest in Offenburg kein zusammengekauftes Fest, mit Profitruppen
von außerhalb, sondern ein Fest mit der und für die Bevölkerung. Insgesamt
über 500 Programmpunkte wurden von 287 Gruppen getragen, darunter
Vereine, Schulklassen, Theatertruppen und viele Musiker. Freiheitsbaum
, Freudenfeuer auf den umliegenden Bergen, Freiheitsfestspiel und
revolutionäres Schauspiel, Bauernmarkt und Barrikaden, Nachbauten von
Bergwerken und Pferdeschmiede, ein stilisiertes Hafenviertel zur Erinnerung
an die Emigranten in die USA, verfremdete Stadttore mit Heckerhut
und revolutionären Fahnen und über den Straßen der Stadt weiße Plakate
mit einzelnen Passagen der dreizehn Salmenforderungen: All dies sollte atmosphärisch
die Zeit des 19. Jahrhunderts einerseits aufleben lassen, andererseits
wurde aber auch unmißverständlich markiert, daß aus der heutigen
Perspektive der Blick in die Vergangenheit geht. Statt zentraler Festaufführung
oder Diskussionsveranstaltung beherrschte ein buntes Mosaik verschiedener
Programmsplitter Straßen und Hinterhöfe der Innenstadt. Ein
solcherart künstlerisch gestalteter Rückblick auf die Anfänge der deutschen
Demokratiebewegung zeigte dem aufmerksamen Festbesucher, daß
in einer Zeit, in der politische Diskussionen und demokratische Entschei-
dungsprozesse nicht zuletzt aufgrund des Medienbedürfnisses nach einfachen
Lösungen oft als quälend oder gar sinnlos empfunden werden, Historisierung
eine Notwendigkeit darstellt. Es zeigt sich zum Beispiel, daß es
in wirtschaftlichen Umbruchs- und Krisenzeiten durchaus politische Antworten
und Alternativen gibt. Daß die Herausforderung der Macht und das
Einfordern von Volksbeteiligung mit hohen Risiken behaftet ist, auch das
kann ein Freiheitsfest sinnlich erfahrbar machen. Das Ende des Festes bildete
am 14. September abends der Einmarsch preußischer Truppen. Sie

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