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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 434
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Bertsch sah trotz der Vorwürfe der Anklage in seinem Verhalten kein strafrechtliches
Vorgehen, angeklagt seien nur seine politischen Funktionen und
keine Fakten. Er wurde am 20. Februar 1850 zu eineinhalb Jahren Zuchthaus
in Einzelhaft verurteilt (später auf ein Jahr herabgesetzt). Ein Rekursverfahren
brachte keine Herabsetzung des Strafmaßes. Gemäß Entschließung
des Großherzogs vom 19. I. 1851 wurde Bertsch die Auswanderung
gestattet. Damit war nach Regierungsblatt XLVI vom 7. 8. 1849 die Aussetzung
der Strafe verbunden. Für Gerichtskosten und Schadenersatz zahlte
Bertsch eine Pauschale von 150 Gulden. Er verließ Lichtenau am
13. 3. 1851 in Richtung Nordamerika39. Er stand damals im Alter von 47
Jahren, da er am 4. 9. 1803 in Lichtenau geboren wurde. Sein Wohnhaus
konnte mit Hilfe des Pfandbuchs der Gemeinde ausfindig gemacht werden.
Es war das heute noch stehende, zweistöckige Fachwerkhaus Hauptstr. 48,
zwischen der genannten Straße, dem Mühlweg und der Acher.

Von den drei Emigranten der Lichtenauer Hochverratsverdächtigen ist Georg
Bleuler am längsten im Exil verblieben. Er war der Sohn des 1828
nach Lichtenau zugezogenen, aus Frankenthal stammenden, Seidenfabrikanten
Johann Heinrich Bleuler. Dieser teilte 1838 seinen Lichtenauer Betrieb
in zwei Betriebe, wobei sein Sohn Georg Bleuler den einen, dessen
Bruder Joh. Heinrich Bleuler den anderen übernahm. An Georg Bleulers
Webstühlen saßen bisweilen 30 Personen40. Er und sein Bruder waren also
für Lichtenau die wichtigsten Arbeitgeber.

Noch vor dem Einmarsch der Preußen floh Georg Bleuler nach Straßburg,
da er befürchtete, von diesen verhaftet zu werden41. In einem am 1. 8. 1849
in der „Karlsruher Zeitung" abgedruckten Steckbrief wurde er von der
Behörde aufgefordert, sich zu stellen. Dieser Anzeige können wir Einzelheiten
über sein Äußeres entnehmen: Größe 5 Fuß 5 Zoll (165 cm), hager,
blaß, Augen braun, Nase etwas groß und dick, Hambacher Bart, Alter 38
Jahre. Vorläufig blieb er in Straßburg, wo er im „Schwarzen Bären" wohnte42
. In einer ohne den Angeklagten in Bruchsal durchgeführten Gerichtsverhandlung
wurde er am 23. 1. 1850 zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt43.
Die Urteilsbegründung nennt fünf Anklagepunkte: 1. Volksvereinsvorstand
. 2. Teilnahme am Offenburger Kongreß, 3. Freiwilliger beim Einzug
des 1. Aufgebots in Karlsruhe, 4. Fahnenübergabe, 5. Arrettierung flüchtiger
Soldaten am 25. 6. 184944. Zwei Tage darauf (25. 1. 1850) wurde allen
drei Lichtenauer Emigranten wegen Landesflucht die Staatsbürgerschaft
und das Ortsbürgerrecht entzogen45.

Die badische Staatsregierung war über das Leben und Treiben der badischen
Emigranten im Elsaß sehr besorgt. Da diese fast täglich Besuche von
Verwandten und Bekannten erhielten, befürchtete sie ein Wiederaufleben

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