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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 478
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Siedlung nicht zu denken. Erst 1876 erhielt Oppenau unter großen Opfern -
die Stadt mußte einen finanziellen Eigenbeitrag von 600000 fl. leisten -
einen Bahnanschluß. Die wirtschaftliche Stagnation, die in der Lage und in
der Infrastruktur begründet war, führte immer wieder zu unzulänglichen
Erklärungsmöglichkeiten. Der Oberkircher Amtsvorstand suchte die Ursachen
in der Mentalität der Bewohner: Der Oppenauer bringt es nur in den
seltensten Fällen dazu, sich aus seinen ärmlichen Verhältnissen auch nur
einigermaßen aufzuschwingen, er ist gewohnt, seinen Verdienst zu verleben
. Ein gewisser frivoler Zug ist ihm zueigen, der es ihm zum Bedürfnis
macht, in Gesellschaft heiterer Genossen etwas allzuviel Zeit im Wirtshaus
zu verbringen^. In dem Ortsbereisungsbericht von 1884 wird die wirtschaftliche
Misere noch auf die Zeit der fürstbischöflich-straßburgischen
Mißwirtschaft vor 1803 zurückgeführt17.

Die soziale Lage in Oppenau verschärfte sich durch die Zunahme der Bevölkerung
. Oppenau hatte um 1800 rund 1600 Einwohner, die Einwohnerzahl
belief sich 1813 schon auf 1838, 1824 auf 1688 und 1834 auf 2008
Köpfe. Nach der Jahrhundertmitte nahm die Zahl der Einwohner wieder
ab, beispielsweise zählte Oppenau 1858 1684 Einwohner18. Der Platz in
der Stadt wurde knapp: Die Stadt Oppenau besteht nur aus 240 Häusern,
die von über 400 Familien bewohnt werden. Jedes Winkelchen ist besetzt.
Zu Neubauten fehlen Lust und Mittel]9. Auch in Oppenau wirkten sich die
Folgen der demographischen Revolution aus, die überall in Baden zwischen
1815 und 1850 zu einer Bevölkerungszunahme um durchschnittlich
30% führte20. Zusätzlich fiel ins Gewicht, daß auf den Höfen des Renchtals
das Anerbenrecht galt und nicht erbberechtigte Bauernsöhne und -töchter
sich ihr Auskommen in der Stadt suchten. Zugleich wuchs die Zahl der Familiengründungen
, da die Heiratsbeschränkungen gelockert wurden. Auf
der anderen Seite war die Auswanderungsbereitschaft geringer als anderswo
: Die Oppenauer äßen lieber daheim ihr kärgliches Brot und zeigten eine
unbezwingbare Anhänglichkeit an die Vaterstadt21.

Die soziale Lage war gerade zur Zeit der Revolution katastrophal: Die Gemeinde
Oppenau ist sehr verschuldet. Die Privaten sind meistens Gewerbleute
, ohne Verdienst und Einkommen durch die Ortslage in der Com-
munication nach außen sehr beschränkt, wohl zu 3U arme Leute, darunter
viele Bettelleute. Das Proletariat im Amtsbezirk hat hier seinen Ursitz. Es
wollen 200 Köpfe auswandern (...) Aus eigenen Mitteln dieses zu offerieren
ist Oppenau außer Stand22. Aus dem Wahlregister zu den Gemeindewahlen
, die nach dem Dreiklassenwahl-System abgehalten wurden, läßt sich
Näheres über die soziale Struktur feststellen. Danach gehörten von 390
Oppenauer Bürgern 301 zu den Niederstbesteuerten, 65 zu den Mittelbesteuerten
und 24 zu den Höchstbesteuerten23.

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