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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 493
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damaligen Zeit, der Landbevölkerung, der unterbürgerlichen und der bürgerlichen
städtischen Schichten politisch wirksam zu bündeln"98. Nachdem
der konstitutionelle Weg der Revolution, verkörpert durch die Reichsverfassung
, gescheitert war, wandten sich die bürgerlichen Eliten wieder der
alten Ordnung zu.

Der Schneider Groß, der bei seinem Drängen und Treiben von andern
Schreiern unterstützte" wurde, nahm in dieser Situation die Funktion eines
Volkstribuns und Proleten ein. Er sorgte für den Druck, unter dem die Oppenauer
Gemeindeväter eher widerwillig sich den Maßnahmen der provisorischen
Regierung beugten. Daß sein Verhalten eher durch Ressentiments
und eine unpolitisch zu nennende fundamentale Protesthaltung als
durch politische Perspektiven geprägt war, zeigt allein die Tatsache, daß er
die Offenburger Versammlung nicht besuchte und in Karlsruhe, als er sich
über die politische Lage erkundigte, zum Urteil kam, daß es sich bei der
badischen Revolution um eine übertriebene Sache handele.

Groß war Mitglied im großen Bürgerausschuß gewesen und hatte manches
gerügt, was ihm nicht gefallen hatte100. Gerade die Dreiklassenwahl im
kommunalen Bereich führte zu einer Politisierung der sozialen Gegensätze
. Während die vermögenden Bürger die Umlagen möglichst niedrig
halten wollten und die Gemeindekosten aus der kommunalen Feld- und
Waldnutzung bestreiten wollten, suchten die Niederstbesteuerten in größtmöglicher
Weise vom Gemeindegut zu profitieren und waren für höhere
Umlagen. Die Oppenauer Konflikte fanden eine Fortsetzung, als man 1850
mit einem außerordentlichen Holzhieb die durch die Revolution vollends
ruinierten Gemeindefinanzen aufbessern wollte. Die Galionsfigur der Niederstbesteuerten
, wie Groß als „Wühler" bezeichnet, war dieses Mal der
Schneider Franz Huber101. Der Konflikt brach erneut aus, als 1875 Oppen-
au vor der Frage stand, sich am Eisenbahnbau zu beteiligen: Die Gegensätze
sind weniger politischer Natur als socialer. Die Niederstbesteuerten
behaupten, daß sie die Mehrheit in der Gemeinde bilden und daß die Minderheit
gegen den ausgesprochenen Willen der Mehrheit sich für die Beteiligung
am Eisenbahnbau ausgesprochen habe und daß der Bürgergenuß
durch die Eisenbahnschuld, für welche der Gemeindewald verpfändet
werde, gefährdet seiW2.

Die Revolution hatte den Oppenauer Eliten demonstriert, daß die politischen
Gleichheits- und Emanzipationsforderungen in ihrer Gemeinde ihre
eigene Stellung in Frage stellten. Umgekehrt inspirierten die demokratischen
Forderungen die Oppenauer Unterschicht, sich im kommunalen Rahmen
für mehr Gleichberechtigung und die Durchsetzung ihrer Interessen zu
engagieren. Im großen politischen Zusammenhang der Revolution spielte

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