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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 570
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ihrem zivilen Leben als Kleinbauern, Tagelöhner oder Handwerksgesellen.
Mindestens ein Drittel der Infanteriekompanien und Dragonerschwadronen
sowie 64% der Artilleristen waren Handwerker. Wenige Soldaten waren
Schreiber, Lehrer, Apotheker oder Kaufleute10. Soldaten rekrutierten sich
somit aus den sozialen Gruppen, aus denen auch die Träger der Revolutionsbewegung
stammten. Ihre Herkunft legt nahe, daß sie sich ebenso wie
die Zivilbevölkerung für Freiheitsideen begeisterten. Durch die Einführung
der allgemeinen Wehrpflicht 1849 und die Erhöhung der Rekruten wurde
diese Tendenz noch verstärkt.

Kommandeure versuchten, ein Bündnis von Soldaten mit Revolutionären
nicht nur dadurch zu verhindern, daß sie gegenrevolutionäre Militäraktionen
als Schutz von Freiheit und Recht rechtfertigten. Bei Protestaktionen
drohten Soldaten Arrest- und Zuchthausstrafen. Beim Übergang zum Gegner
während eines Gefechtes die Todesstrafe. Im Juni 1848 verschärfte die
großherzogliche Regierung die Sanktionen. Truppeneinheiten, in denen
sich während der Unterdrückung eines Aufstandes ein verbrecherischer
Geist zeigte, drohten künftig standrechtliche Verfahren. Die Soldaten, die
wegen Treulosigkeit, thätlicher Insubordination oder Plünderung angeklagt
wurden, konnten gegen ein Todesurteil keine Rechtsmittel einlegen11.
Um die abschreckende Wirkung der strafrechtlichen Sanktionen zu verstärken
, lasen Offiziere der versammelten Mannschaft die kriegs- und standgerichtlichen
Urteile gegen Kameraden vor12.

In den Revolutionsjahren zeigte sich jedoch mehr und mehr, daß es nicht
ausreichte, Soldaten zum Gehorsam zu zwingen. Württembergische,
bayerische und hessische Offiziere versuchten, die Mannschaften an sich
zu binden, indem sie engen persönlichen Kontakt zu den einfachen Soldaten
suchten und mit ihnen über politische Themen sprachen. Es ist fraglich,
ob solche Methoden der inneren Führung in der badischen Armee 1848/49
erfolgreich umgesetzt wurden. So notierte der württembergische Hauptmann
von Kallee im Rückblick: Das badische Offiziers-Korps galt von jeher
, namentlich bei den übrigen Kameraden des 8ten Armeecorps für ein
solches, das der Mannschaft gegenüber etwas hoch geschraubt sei, das
auch den Unteroffizieren gegenüber eine etwas vornehme in einzelnen Fällen
hochmüthige Stellung einnehme; man konnte z. B. im Jahr 1848 hören,
wie sich badische Offiziere darüber lustig machten, daß die groß(herzog-
lich) hessischen Offiziere mit ihrer Mannschaft in denselben Wagen auf der
Eisenbahn fuhren und dergleichen. Die Zeit der Aufregung war nicht geeignet
, diese falsche Stellung zu verbessern. Als das Mißtrauen gegen die
Offiziere gesäet wurde, isolirten sich die Offiziere noch mehr von der
Mannschaft; manchem flößte die schlechte Gesinnung der Soldaten Verachtung
gegen dieselben ein13.

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