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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 580
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Die Niederschlagung der Revolution unter preußischem Diktat hatte für die
Bestrebungen der Frauen tiefgreifende Folgen. So vereinzelt und meist
auch zaghaft die weiblichen Stimmen im Chor der Freiheit geklungen hatten
, so sehr hatten sie dennoch die Vertreter der Restauration aufgeschreckt
. Im März 1850 wurde das neue preußische Vereinsgesetz erlassen,
das Minderjährigen, Lehrlingen, Schülern und Frauen die Mitwirkung in
politischen Vereinen und ihre Teilnahme an politischen Versammlungen
verbot. Dieses Gesetz, das später die meisten deutschen Länder übernahmen
, galt bis 1908 fast überall in Deutschland und erschwerte lange Zeit
die emanzipativen Bestrebungen der Frauen. Noch die harte Reaktion der
restaurativen Kräfte legt die Vermutung nahe, daß die Revolution von
1848/49 die Geburtsstunde der politisch-emanzipativen Frauenbewegung
war.

Doch wenn wir uns auf die Suche nach Revolutionärinnen machen, immer
auch getrieben von dem Verdacht, die Geschichtswissenschaft verschweige
oder vergesse den weiblichen Anteil an der Geschichte, werden wir enttäuscht
. Wo sind sie denn, die von uns heute ersehnten fahnenschwingenden
, barrikadenstürmenden Frauen, die mit heißem Herzen und kühlem
Kopf die Revolution zur eigenen Sache machten? Wo sind die Schwestern,
die lautstark auf Tribünen und in Zeitungen die Gleichberechtigung für ihr
Geschlecht forderten? Sicherlich finden wir Frauen in Frauenvereinen, die
Fahnen stickten, Charpie für die verwundeten Kämpfer zupften, die Liebesgaben
für die Freiheitshelden sammelten und den revolutionären Vater,
Ehemann und vielleicht auch Sohn unterstützten. Bei den meist von Angehörigen
der unterbürgerlichen Schichten veranstalteten sogenannten
„Katzenmusiken" stellten Frauen häufig den aktiven Teil der Menge4. Aber
waren sie wirklich Revolutionärinnen? Blieben sie nicht das, was sie
ohnehin waren - brave Ehefrauen und Töchter im Schatten des Mannes?
Oder stellen wir so die falschen Fragen? Ich möchte anhand einiger Karlsruher
Beispiele dieser Problematik nachgehen.

Am 1. Mai des Revolutionsjahres 1848 gründeten Frauen der städtischen
Oberschicht unter dem Vorsitz von Johanna von Scheffel, der Mutter des
Dichters Viktor von Scheffel, den Elisabethenverein. Der Verein diente der
leiblichen und sittlichen Unterstützung bedrängter Arbeiterfamilien. Noch
Jahrzehnte später hieß es in einer Selbstdarstellung des Vereins, der Teil
des Badischen Frauenvereins wurde, die Gründung sei in die verhängnisvolle
Zeit gefallen, in welcher in Folge vorangegangener Mißjahre und damit
verbundener Teuerung Mangel, Not und bange Sorge vor der nächsten
Zukunft auf vielen braven Arbeitern und Arbeiterfamilien um so schwerer
lasteten, als auch durch die Erregtheit und Unsicherheit der politischen
Zustände Handel und Verkehr ins Stocken gerieten und manche Erwerbs-

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