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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 613
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daß alle mit Freischärler-Blusen und Hecker-Hüten bekleidet waren und
daß Karoline Männerkleidung trug. Auch den Erlös für das Allmendlos
könnten die Enghausers ganz gezielt vor ihrem Abmarsch eingefordert haben
. Treibende Kraft war - zumindest verbal - Karoline. Ob ihre Exekutionsdrohungen
ernst genommen wurden, sei dahingestellt. Jedenfalls setzte
sie die Wagenstadter Bürgerwehr in Marsch. Gemeinsam zog man nach
Freiburg und gemeinsam kehrte man zurück. Als Bürgerwehrmann Lang
vor Gericht gegen die Enghausers aussagen mußte, konnte er sich an nichts
erinnern, weil er angeblich zu betrunken gewesen war.26 Durch diese
„Nicht-Aussage" schützte er die Angeklagten. Wahrscheinlich waren es ein
paar kernige Worte, mit denen die wortgewaltige Karoline die Wehrmänner
zur Befolgung ihres Befehls motiviert hatte. Vielleicht war auch von Bedeutung
, daß sie als Frau mitzog.

In Freiburg jedoch scheint die Situation anders gewesen zu sein, als man
erwartet hatte. Die Aussichtslosigkeit des Unternehmens hatte sich wohl
abgezeichnet, so daß man schleunigst heimeilte und sich ruhig verhielt.
Sicherlich war die revolutionäre Aktion der Enghausers unüberlegt oder
leichtsinnig, wie Karoline sagen würde. Lächerlich oder grotesk war sie indessen
nicht.27 Vergleichsweise hart war die Gefängnisstrafe, zu der vor
allem Karoline verurteilt wurde. Das Gericht stufte eindeutig sie als Hauptschuldige
ein. Erst im November 1850 wurde sie als letzte von den drei
Angeklagten nach mehr als einem Jahr Haft begnadigt. Aus der Hauptschuldigen
war - wie geschildert - im Laufe der Gnadengesuche eine verführte
Ehefrau geworden.

In Kenzingen hielt es die Enghausers danach nicht mehr. Sie beantragten
die Auswanderung nach Amerika und erhielten am 23. September 1851 die
Zustimmung des Gemeinderats. Für die Überfahrt bekamen Benjamin
Enghauser und seine Frau 170,40 fl. und Carl Enghauser 85,20 fl. Der alte
Johann Beiger, Karolines Vater, hatte sich der Familie seiner Tochter angeschlossen
. Ihm wurden 90,20 fl. gezahlt.28 Die Auswanderung in ein fernes
Land, in dem es weder Heimatscheine noch Reisebeschränkungen gab,
dürfte für die abenteuerlustige Karoline verlockend gewesen sein. Auch in
wirtschaftlicher Hinsicht war die Emigration dem Bleiben vorzuziehen.
Benjamin war zwar Bäcker, hatte aber schon vor der revolutionären Aktion
taglöhnern müssen, und auch Karoline hatte wohl in Kenzingen zumindest
zeitweise als Taglöhnerin gearbeitet. Beide waren im Juli 1849 ohne Verdienst
. Nach Verbüßung ihrer Haftstrafe waren die ohnehin schlechten Arbeitsmöglichkeiten
für sie noch schlechter geworden. Nicht ohne Grund finanzierte
die Stadt Kenzingen ihre Auswanderung. Als Bürger der Stadt
hätten sie im Armutsfalle Anspruch auf Unterstützung gehabt. Da war es
günstiger, einmal die Überfahrt zu finanzieren, als jahrelang Armengeld zu

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