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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 627
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das Haus des ultraliberalen Abgeordneten Brentano um dasselbe unter
dem Ruf. „Nieder mit dem Judenkönig"', wie Brentano heute selbst in der
Kammer erzählte, zu verwüsten. Das Einschreiten des Militärs machte dem
Aufruhr ein Ende.52

Die liberalen Führer hofften, mit einem Aufruf an die badische Bevölkerung
der Gewalt ein Ende zu setzen: Mit tiefem Schmerze, welche alle wahren
Freuden der Volksfreiheit und des Vaterlandes teilen, vernehmen wir
die Nachricht, daß die Tage, welche die Herzen aller wackeren Bürger mit
hehrer Begeisterung erfüllen, die Tage, welche unser ganzes Volk erlösen
sollen von dem Drucke der Knechtschaft von Jahrzehnten, ja von Jahrhunderten
, entweiht werden sollte durch blinde Zerstörungswut und Gefährdung
der Personen und des Eigentums unserer Mitbürger mosaischen
Glaubens, daß das leuchtende Panier der Freiheit besudelt werden will
durch schmähliche Exzesse. (...) Mitbürger, wir wissen, daß wir in euer aller
Sinn sprechen, wenn wir euch zurufen: Es ist eine heilige Pflicht eines
jeden Ehrenmannes, der nicht mit dem Namen der Freiheit ein schnödes
Spiel treibt, der nicht ihren Namen zur Befriedigung andere Leidenschaften
mißbrauchen will, es ist eine heilige Pflicht aller Volks- und Freiheitsfreunde
mit aller Energie solch frevelhaften Beginnen entgegenzutreten. Nur
Diener der Reaktion oder von ihnen Irregeleitete vermögen zu Judenverfolgungen
die Hand zu bieten, wie sie nie ein freies Land, wohl aber der Despotismus
kanntet Das entschiedene Eintreten der führenden liberalen Politiker
für die Verfolgten wußte die israelitische Presse zu würdigen. So
schrieb die orthodoxe jüdische Zeitung, „Der treue Zions-Wächter": Nicht
die wahren Freiheitsmänner waren (es), ... die solche Ungerechtigkeiten,
solche Schandtaten verübten, sondern diejenigen, welchen Gesetzeslosig-
keit als Freiheit gilt. Das ist aber nur eine Minderheit des deutschen, sogar
des badischen Volkes.54

Als der Aufruf der Abgeordneten am 8. März 1848 in den Zeitungen zu lesen
war, hatte die Gewaltwelle bereits die Ortenau erreicht. An diesem Tag
wurden die vermögenden Bühler Juden das Ziel eines Tumultes.55 Die
„Freiburger Zeitung" vom 17. März 1848 zeigte Verständnis für die dortigen
Aufrührer, schließlich sei es zu keinerlei Excessen oder Demonstrationen
gegen die Juden als solche gekommen ... sondern nur gegen einige
Blutigel der Gesellschaft (auf die) sich der Haß und die Verachtung der
ganzen hiesigen Einwohnerschaft gerichtet hätte.56 Am 13. März 1848
wurden in Kuppenheim die Fenster und Läden der Juden zertrümmert.57 In
Gernsbach mußten sich die zum Theil sehr vermöglichen Juden um den 23.
März 1848 durch Geldspenden von angedrohten Verfolgungen loskaufen.58
Allerdings wurden hier auch andere Reiche bedrängt. Eine herausragende
Rolle bei den Gernsbacher Vorgängen spielte der dem jüdischen Glauben
angehörende Ratsschreiber Raphael Weil.

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