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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 631
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pationsklauseln: Die Juden bei Eröffnung des deutschen Parlaments - As is
komme der Tag der Erleisung unserer Emancipiering, so wolle mer aach
ebes ze Dank sage. - Nu worum? mer hewe geleige in de Fesseln, aber
rausgethon sin mer worre, von wem? vom grausen Parlement. Vivet Parle-
mentche!... kenne doch, als mer das Talentche dazu hewe, Prüsidentche
werre, kenne aach ingethon werre in das Parlementche... Vivet Parlement-
che! Vivet Parlementche!15 Eine bedenkliche Entwicklung kündigt sich für
den Historiker Franz X. Vollmer angesichts dieser Pressereaktion an: „Hier
zeichnet sich die Möglichkeit eines Zusammengehens von provinziellem
populistischen Antisemitismus und radikal-demokratischer Aversion gegen
den parlamentarisch-repräsentativen Weg ab - eine verhängnisvolle Kombination
, die erst im 20. Jahrhundert in Deutschland volle geschichtliche
Wirklichkeit werden sollte".76

Eine zweite, wenn auch weit schwächere Gewaltwelle bedrohte im Herbst
1848 die Juden. Ihr Schwerpunkt lag in Bayern und im Rheinland, in der
Ortenau kam es nur in Lichtenau zu Krawallen.77 Hier hatten sich am 24.
September 1848 etwa 300 Männer vor dem Rathaus zusammengefunden
und unter Absingen des Heckerliedes die Entlassung von mehreren Betrunkenen
aus dem Gefängnis gefordert. Nachdem die Menge ihr Ziel nicht erreichte
, richtete sie ihre Wut gegen die Lichtenauer Juden. Sie besudelte
ihre Hauseingänge und warf ihnen dabei die Fenster ein. Eine Frau erlitt dabei
erhebliche Verletzungen. Am nächsten Tag setzten sich die Tumulte
fort. Dieses Mal richtete sich die Gewalt auch gegen nichtjüdische Opfer.
Der Lichtenauer Tumult ist übrigens der letzte bekannte Übergriff des Jahres
1848 gegen die jüdische Bevölkerung und zugleich der einzige Fall, bei
dem es zur Gewalt gegen Personen kam.78

Neue Hoffnungen setzten die deutschen Juden auf die deutsche Nationalversammlung
, die am 28. März 1849 die Emanzipationsklauseln des
Vorparlamentes in die Paulskirchenverfassung aufnahm (§ 146). Ihre
Publizierung im Mai 1849 in Baden eröffnete dem aus Bühl stammenden
Gernsbacher Ratschreiber Raphael den Weg in das badische Parlament.
Neben Weil traten noch weitere Juden als führende Revolutionäre hervor,
wie der Rüster Moses Grumbacher und der Bühler Ludwig Samuel Weil.79
Das Schmieheimer Fähnlein soll fast nur aus jüdischen Teilnehmern bestanden
haben.80 Doch der Großteil der badischen Juden wird der revolutionären
Bewegung des Jahres 1849 skeptisch gegenübergestanden haben.
Viele, namentlich aus der jüdischen Landbevölkerung, sehnten sich nach
den Erfahrungen des Jahres 1848 nach Sicherheit und Ordnung, die ihnen
nur die Monarchie zu garantieren schien. Getreue Anhänger hatte der
Großherzog in den Juden und Pietisten, zitiert Berthold Rosenthal einen
Zeitgenossen:81 Die Ängste der Juden werden sich noch gesteigert haben,

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