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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 699
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noch. Komische und satirische Züge kommen durch den Kontrast zwischen
heroischer Geste und banaler Situation und das virtuose Spiel mit Namen
(Herwegh-Hinweg; Hecker-Höcker) ins Spiel.

Gewiß sind satirische Absichten vorhanden, doch ist nicht leicht zu bestimmen
, worauf der Angriff zielt. Die wichtigste Figur, Friedrich Hecker,
schneidet eigentlich recht gut ab. Seine Glaubwürdigkeit, seine Kampfentschlossenheit
werden gerühmt. Volles Licht der Satire fällt aber auf Her-
weghs Feigheit und Wankelmut in der kritischen Situation bei Dossenbach.
Seine Bloßstellung gegen Ende des Liedes ist sorgfältig vorbereitet. Am
Anfang des Liedes erfährt man, daß Hecker gerade auf Herwegh große
Hoffnungen gesetzt hatte:

Mit Polacken und Franzosen
Wird der Herwegh zu mir stoßen,
Und der stirbt lebendig eh 'r,
Als daß er ein Hundsfott wär!

Diese Erwartung Heckers entspricht nicht, wie wir noch hören werden, den
historischen Fakten, ist konstruiert, in der Absicht, das Versagen Herweghs
besonders deutlich hervortreten zu lassen.

Nun muß man wissen, Herwegh war unter den im Lied Genannten neben
Hecker sicher die bekannteste Figur unter den Aufständischen. Auf seine
Ergreifung war eine Belohnung von viertausend Gulden angesetzt. Als
Dichter gehörte er zu den früh Vollendeten und hatte in jungen Jahren sein
Bestes geleistet. Schon als er erst vierundzwanzig Jahre alt war, kannte ihn
das ganze gebildete Bürgertum Deutschlands, denn sein Name war durch
alle Presseorgane gegangen. Er hatte 1841 mit dem ersten Band einer
Sammlung politischer Lyrik unter dem Titel „Gedichte eines Lebendigen"
Furore gemacht5. Der Titel war ein Hieb auf eine Autorität der feudalen,
der aristokratischen Welt, auf den Fürsten Hermann von Pückler-Muskau
(1785-1871), der auf seinem Schloß Muskau in der Oberlausitz ein opulentes
Herrenleben führte und 1830 die „Briefe eines Verstorbenen" veröffentlicht
hatte6. Darin wurde das gesellschaftliche Vergnügen und der gepflegte
Müßiggang der Aristokratie gepriesen und die konstitutionelle
Monarchie nach englischem Vorbild als Ausweg aus den politischen Spannungen
in Deutschland empfohlen. Der Republikaner Herwegh nahm in
seinen „Gedichten eines Lebendigen" solche Haltungen aufs Korn. Seine
jugendlich unbekümmerte Frechheit trug ihm den Beifall der jüngeren
Jahrgänge, der Studenten und Burschenschafter, ein. Wichtiger für die starke
Wirkung war die politische Tendenz seiner Gedichte. Sie kreisten um
die oft wiederholten Leitworte der Französischen Revolution, um Gleich-

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