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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 146
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Gabriel Andres

Schmerz des Verwitweten als er zusieht wie der Stein sich über dem leblosen
Körper der Gemahlin schließt.

Doch wie groß muß auch die Freude des Baumeisters gewesen sein, als
er am Gipfel seiner Seelensehnsucht angelangt war! Denn ein Baumeister
erstrebt die Einheit und dieser, mehr als jeder andere, hatte diesen Zusammenklang
der Steine gewollt, gleich dem Zusammenklingen aller Fasern
einer Kehle wenn sie zu einem reinen Gesang erklingen soll. Und siehe,
am Abend seines Lebens schmiedete die Aufopferung von selbst diese
herrliche Einheit zusammen, die Liebe, das Gebet und das Werk, ein einziges
Weihgeschenk, zusammengegossen mit jenem einer Menge von Brüdern
, ein einziger Lobgesang in dem er selbst bald aufgehen würde. . . . Ich
mag es, daß Erwins Grabmal hier ist, nicht eingelassen in die Helle des
Saphirs oder in dem feierlichen Dunkel, den seine Kunst hergezaubert hat,
sondern verwachsen mit den Aussenmauern, so nah der Gasse und dem
Getrampel der Lebenden. Denn, wahrlich, es handelt sich nicht darum, die
Kirche Gottes zu sehen, es handelt sich noch nicht einmal darum sie zu erträumen
, es handelt sich darum, darin unterzugehen. Und darin verfangen
zu bleiben, wie dieser Tote." (Camille Mayran)

Prof. Woltmann drückt dasselbe aus, fachmännisch nüchtern:

„Die größte Veränderung aber, erfuhr der Oberbau welcher nun den
französischen Stil in seiner reichsten Entfaltung darstellte und dessen Ideal
die völlige Auflösung und Durchbrechung der Mauerflächen erreichte."

Dazu nun doch noch des jungen Goethe kühle, aber doch enthusiastische
Beschreibung der Fassade, eine Beschreibung, die er in „Dichtung
und Wahrheit" eingehend niedergelegt hat.

Hier seien nur die einleitenden Zeilen zitiert:

„Je mehr ich die Fassade desselben betrachtete, desto mehr bestärkte
und entwickelte sich jener erste Eindruck, daß hier das Erhabene mit dem
Gefälligen in Bund getreten sei. Soll das Ungeheuere, wenn es uns als
Masse entgegentritt, nicht erschrecken, soll es nicht verwirren wenn wir
sein Einzelnes zu erforschen suchen, so muß es eine unnatürliche, scheinbar
unmögliche Verbindung eingehen, es muß sich das Angenehme zugesellen
. Da uns nun aber allein möglich wird, den Eindruck des Münsters
anzusprechen wenn wir uns jene beiden unverträglichen Eigenschaften vereinigt
denken, so sehen wir schon hieraus in welchem hohen Wert wir
dieses hohe Denkmal zu halten haben und beginnen mit Ernst an eine Darstellung
zu denken, wie so widersprechende Elemente sich friedlich durchdringen
und verbinden können." (Dichtung und Wahrheit - Zweiter Teil,
Neuntes Buch.)

Ich überlasse es der Neugierde meiner Leser, diese ausführliche Beschreibung
selbst nachzulesen, führe aber noch die Schlußzeilen an:

„Da ich nun an alter deutscher Stätte dieses Gebäude gegründet und in
echter deutscher Zeit so weit gediehen fand, auch der Name des Meisters


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