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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 147
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Erwin von Steinbach: vom Steinhauer zum Mythos

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auf dem bescheidenen Grabstein gleichfalls vaterländischen Klanges und
Ursprungs war, so wagte ich die bisher verrufene Benennung „gotische
Bauart", aufgefordert durch den Wert dieses Kunstwerks, abzuändern und
sie als „deutsche Baukunst" unserer Nation zu vindizieren . . ."

Lassen wir auch Prof. Woltmann noch einmal zu Worte kommen:

„In der Erfindung der Facade zeigt Erwin eine großartige Beherrschung
der in Frankreich ausgebildeten Formen, zugleich aber auch ein hohes persönliches
Schönheitsgefühl."

Die allerletzten Kommentare zu Erwins vermeintlichem oder tatsächlichem
Werk dürfen hier auch angeführt werden. Sie erschienen kürzlich in
einer Straßburger Zeitschrift und entstammen den Überlegungen und der
Feder eines geschätzten Fachmannes, Herr Roger Lehni, Konservator der
Historischen Denkmäler im Elsaß:

„Heute wird allgemein angenommen daß, wennschon Erwin zweifelsohne
den Bau der Kathedrale während eines Drittel-Jahrhunderts geleitet
hat, es kaum wahrscheinlich ist, daß er die Fassade begonnen hat."

Sollte diese Behauptung stimmen, so wäre unserem Mythos ein tödlicher
Schlag versetzt. Da aber Herr Lehni sich damit begnügt, die bereits
bestehenden Ungewißheiten durch neue, „es wird allgemein angenommen"
und „es kaum wahrscheinlich ist" zu ersetzen und keine schlagenden Beweise
anführt, so wollen wir uns bis auf Weiteres mit dem zufrieden geben,
was die Tradition aus dieser verhältnismäßig lang zurückliegenden Zeit auf
die unsrige gebracht hat, also bis auf beweiskräftigen Abruf, Meister Erwin
als den Schöpfer der Fassade gelten lassen.

Erwin, Symbol einer europäischen Kultur

Es mag bombastisch klingen, wenn wir nun, zum Abschluß, Erwin als den
Propheten einer europäischen Kultur bezeichnen. Doch es spricht viel
dafür.

Einem solch aufgeklärten, wirklich europäischen Geist wie Goethe hätte
man soviel deutschnationalen Patriotismus nicht zugetraut, den er in seiner
Schrift „Von deutscher Baukunst" entwickelt. Ich darf wohl diese Einstellung
etwas abmildern. Denn zu einer Zeit, als zwar die Landesgrenzen
schon bestanden, zum Glück aber noch recht locker gehandhabt wurden,
erscheint mir das Werk Erwins als von geradezu prophetischer Größe und
Bedeutung.

Höchstwahrscheinlich war er Deutscher und hat er sein Werk in einer
deutschen Stadt errichtet. Wie wir es aber gesehen haben und wie es Georg
Dehio so triftig hervorhebt, stand er, in seiner Traumvision, unter dem starken
weil berückenden und belebenden Einfluß der französischen Schule,
den er mit freudiger Bereitwilligkeit auf sich einwirken ließ, den er aber
gleichzeitig zum harmonischen Zusammenklang mit seinem deutschen


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