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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 237
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Von Rheinau über Gurs nach Auschwitz

Stationen der Vernichtung der jüdischen Gemeinden
Neufreistett und Rheinbischofsheim

Gerd Hirschberg

Wenn man von den Rheinauer Juden spricht, sind damit die Juden aus dem
ehemaligen Neufreistett und aus Rheinbischofsheim gemeint. Die erste
schriftliche Erwähnung der „Bischemer" Juden stammt aus dem Jahr 1717.
Die Neufreistetter Juden wurden ein wenig später, nämlich im Zusammenhang
mit der Stadtgründung, eingeladen, sich hier niederzulassen und sind
urkundlich zum ersten Mal im Jahr 1756 erwähnt.

Im Lauf der Geschichte war der Anteil jüdischer Einwohner an der Gesamtbevölkerung
schwankend. Er betrug in Neufreistett z. B. bis zu 20%
und war in beiden Gemeinden in der Zeit bis 1945 deutlich höher als der
Anteil katholischer Bürger.

April-Boykott 1933

Bald nach der Regierungsbildung unter Hitler wurden staatliche Maßnahmen
zur Verfolgung der jüdischen Deutschen eingeleitet. So verabschiedete
die NS-Parteiführung am 29. März 1933 ein 11-Punkte-Programm, u.a.
mit einer Anordnung zum Boykott jüdischer Geschäfte. Entsprechend kam
es am 1. April 1933 und danach auch in den Rheinauer Gemeinden zu
Boykottaktivitäten gegen jüdische Geschäfte, allerdings nicht in vergleichbarer
Intensität wie in den großen Städten. Dazu einige Stimmen aus Interviews
mit Zeitzeugen, zunächst aus Freistett:

Im April 1933 war hier auch Boykott. Leute von der SA standen in Freistett
mit einem Schild und so, aber die haben sich geniert, direkt vor dem
Kaufhaus Dannheiser zu stehen. Dannheiser war eine Kaufhauskette, deren
Besitzer ein Jude war. In Freistett hatte der Z., damals Vorstand vom
Turnverein, die Filiale von denen gepachtet. Da wollte sich die SA nicht so
direkt hinstellen, deshalb haben sie sich auf die gegenüberliegende Seite
gestellt, vor ein anderes Haus. So haben sie halt auch ihre Pflicht erfüllt.
Es ist damals ja nichts passiert. Sie sind halt nur pflichtgemäß dagestanden
mit ihren Schildern.

Also, das ist nachher genauso weitergegangen, wie es vorher war. Die
Jenny und Julchen Hammel, die haben dann weiterverkauft, und der Richard
ist noch lange mit seiner Karre durchs Dorf gegangen. Natürlich
hat's in der SA auch Rabiate gegeben, die da mehr draus gemacht hätten -


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