Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 238
(PDF, 123 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0238
238

Gerd Hirschberg

aber ich wüßte nichts von besonderen Tätlichkeiten, nichts. - Gut, mit der
Zeit, wenn die eingekauft haben, die haben ja alle ihre bestimmten Bauernhäuser
gehabt, wo sie ihre Sachen gekriegt haben. Da sind sie danach eben
hinten reingegangen, meistens dann bei Nacht und Nebel. Aber das war
erst so ab 1937, und davor sind ja schon viele weg.1

. . . 1933, als sie so gegen die Juden waren, da haben sie auch so ein
Plakat gemacht beim Zollamt, wo stand: Judenknechte von Freistett sind
. . .', und da standen auch die Namen vom Vater und vom Onkel. Und da
waren auch Bilder, ich hab die selber gesehen. Da hatten sie bei der Elsa
das Dach umgedeckt oder was ausgebessert, und der Onkel hatte Fenster
in die Synagoge gemacht - und wegen dem waren sie jetzt Judenknechte.
Da war dann im Fenster vom Zollamt das Bild, wo der Vater auf dem Dach
hockt, mit der Unterschrift Judenknechte und Synagogendiener bei der Arbeit
'! Ich hab deshalb immer Angst gehabt. . }

Aus Rheinbischofsheim:

. . . 1933 gab es noch nicht so viele Fahnen hier. Aber Schilder ,Kauft
nicht bei Juden', die gab es hier auch. Man hat sich aber nicht so arg dran
gehalten. An öffentliche Bloßstellungen aus dem Grund erinnere ich mich
nicht. Es gab hier ja fast nur Judengeschäfte, nur zwei oder drei andere.

Vom Schulverbot weiß ich, daß der Norbert von Grumbachers in die
1. Klasse ging, und dann plötzlich nicht mehr. Die anderen waren ja schon
älter. Was die wegen dem Unterricht gemacht haben, weiß ich nicht?

Der ehemalige Rheinbischofsheimer Schüler Jacques Bloch berichtet
über weitere Ereignisse in dieser Zeit4, die für die Zeitgenossen z. T. wohl
auch verborgen blieben:

Ich bin am 19. 6. 1920 geboren und ging vier Jahre in die Volksschule in
Rheinbischofsheim . . . Am 20. 4. 1931 trat ich in die Realschule ein. Ich
besuchte die Sexta, Quinta und fünf Monate die Quarta. Direktor der Schule
war CS., und J.P. war Klassenvorstand. In diesen letzten Monaten erlitt
ich als Jude schwerste Beleidigungen, wurde verschiedentlich bedroht und
mußte endlich unter Druck am 9. Oktober 1933 aus der Schule austreten.
Durch Hilfe meines Onkels von Straßburg kam ich in ein Internat in Mont-
beliard in Frankreich. Von 1933 bis 1937 kam ich dann noch verschiedene
male in den Ferien zu meinen Eltern nach Rheinbischofsheim. Von 1937
bis nach dem 2. Weltkrieg kam ich nicht mehr zurück. . .

Meine Schwester, Annie Bloch, am 17. 6. 1926 geboren, versuchte im
Jahr 1936 in die Realschule einzutreten. Da sie als Jüdin nicht aufgenommen
wurde, ging sie weiter in die Volksschule, bis sie 1938 auch nicht mehr
in die Volksschule gehen konnte und nach Straßburg auswanderte . . .

Mein Vater, Moritz Bloch, kämpfte im 1. Weltkrieg in Rußland im deutschen
Heer. Im März 1936 wurde er auf falsche Aussagen von A.P. hin, einem
B. aus Hönau, von der Gestapo in Kehl verhaftet. Er war acht Tage in
Schutzhaft, wurde getreten und geschlagen. Einen Monat später mußte er


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0238