Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 241
(PDF, 123 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0241
Von Rheinau über Gurs nach Auschwitz

241

Hauptstraße haben sie uns ausgeladen, dann durch die Stadt marschiert,
und wir mußten rufen: ,Wir sind schuld an dem Mord in Paris! Wir sind
das Unglück für Deutschland!'

Dann sind wir bei der Gestapo angekommen. In den Keller kamen wir.
Die Männer mußten sich mit nacktem Schenkel bücken, und dann haben sie
sie mit nassen Brettern richtiggehend den ganzen Tag gefoltert. Sogar von
Lichtenau einen Louis Kahn, der war Kriegsversehrter vom 1. Weltkrieg,
den haben sie auch mißhandelt. Bei mir haben sie festgestellt, daß ich noch
keine 18 war, und so wurde ich nicht mißhandelt. Auch hier: Deutsche
Ordnung! Aber ich habe das Blut von meinem Vater aufwischen müssen.
Abends bin ich dann rausgekommen.

Als die Kehler dann im KZ Dachau angekommen sind, hat man die im
ganzen Lager gekannt. Das war wohl die schlimmste Kristallnacht hier.
Die anderen sind ja auch schon nach 14 Tagen, drei Wochen zurückgekommen
, aber die aus Kehl haben sie länger behalten, und die mußten sowieso
alle unterschreiben, daß sie nie was aussagen. . . .

In Rheinbischofsheim wurde beim Novemberpogrom die Inneneinrichtung
von Synagoge und Religionsschule herausgerissen und verbrannt. Das
Gebäude selbst blieb stehen, weil inzwischen eine nichtjüdische Familie in
der ehemaligen Wohnung des Religionsschullehrers wohnte. Erst 1953
wurde die Synagoge abgerissen.

Auch hierzu wieder einige Transkripte:

. . . In der Synagoge war Gottesdienst bis zur Kristallnacht. Das war
dann so: Da sind ein paar gekommen und haben die Sachen zusammengeschlagen
, Fenster zerschlagen und Bänke rausgeschmissen. Die Sachen haben
sie alle kaputt gemacht. Thorarollen als Fahnenstangen getragen und
so. Die das gemacht haben, die waren von hier und von außerhalb, aber
nicht alle in Uniform. Und nur, weil die Frau E.M. die Wohnung drin hatte,
haben sie die Synagoge nicht angezündet.

Am nächsten Tag, wie das war, das weiß ich nicht. Man hat nur gehört,
daß sie sie auf dem Lindenplatz zusammengetrieben haben, und dann
wären sie fortgekommen, auf Kehl. . .8

. . . Die Synagoge wurde halt demoliert und zusammengeschlagen. Da
steht heute nur noch der Brunnen. Zwischen den beiden Türen stand auch
ein Nußbaum, aber der ist damals verbrannt. Das Mobiliar haben sie auf
den Hof geschmissen und ein Freudenfeuer gemacht, da ist der Nußbaum
verbrannt. Fenster haben sie eingeschlagen, den Kronleuchter rausgedonnert
, das Gestühl zusammengeschlagen, den Altar, alles - und da haben
wir Kinder zugeguckt.

Nachdem das alles verbrannt war, haben sie dann einen Umzug gemacht
. Einer hat eine Thorarolle an eine Stange genagelt, wie eine Hitlerfahne
, und so haben sie dann einen Umzug gemacht. Sie haben die Juden
aufgestellt und sind dann abmarschiert, die Oberdorfstraße entlang. Das


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0241