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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 284
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Michael Rudioff

Das Innenministerium hatte wohl wenig Lust, die erbetenen Nachforschungen
anstellen zu lassen. Statt dessen gab es dem Bezirksamt und dem
evangelischen Dekanat in Rheinbischofsheim die Eingabe der katholischen
Kirchenbehörde zur Kenntnis und erbat deren Stellungnahmen. Nachdem
diese vorlagen, teilte das Innenministerium dem Erzbischöflichen General-
vikariat mit, daß die im Visitationsbericht von 1761 angesprochene katholische
Kapelle nicht genau bezeichnet sei, und deshalb kein Rechtsanspruch
auf die angesprochene Kapelle abgeleitet werden könne. Das Innenministerium
vertrat die Ansicht, daß die Hinweise, die Pfarrer Hammer
auf die von ihm bezeichnete Kapelle habe schließen lassen, auf einem
Mißverständnis beruhen würden.

Da keine weiteren Dokumente und Schriftstücke greifbar waren, versuchte
man nun über Zeugenauskünfte Licht in die Angelegenheit zu bekommen
. Am 15.2.1843 befragte deshalb der Dekan des Landkapitels20
Ottersweier, der Gamshurster Pfarrer Daniel,21 den 75jährigen Altvogt Joseph
Stolz von Gamshurst. Dieser sagte aus, daß er sich erinnern könne,
von seinen Eltern gehört zu haben, daß der Holzbauer22 in der fraglichen
Kapelle einen eigenen Stuhl gehabt habe, den zu benützen er das Recht
hatte. Zwar habe der Holzbauer in das Kirchspiel nach Renchen gehört, er
hätte es aber nach Neufreistett viel näher gehabt, weshalb er vor ungefähr
150-180 Jahren das Recht erworben habe, in die dortige Kapelle gehen zu
können.

Diese Aussage stützte lediglich die unbestrittene Tatsache, daß es für
die Neufreisetter Katholiken eine eigene Kapelle gegeben hatte. Ob aber
das vorhandene, als Lagerschuppen genutzte Gebäude mit der gesuchten
katholischen Kapelle identisch war, konnte durch sie nicht geklärt werden.
Die ganze Sache verlief im Sande, in Bezug auf die Pastoration der Diasporakatholiken
konnten die unbefriedigenden Verhältnisse nicht abgestellt
werden.

Pfarrer Hammer vermutete offensichtlich in der Niederfreistetter St. Nikolauskapelle
(Heidenkirche) die im Visitationsprotokoll erwähnte katholische
Kapelle. Daß es eine katholische Kapelle tatsächlich gegeben hat, ist
durch das Visitationsprotokoll und die Aussage des Gamshurster Altvogtes
hinreichend bewiesen. Die Frage, weshalb es mitten im lutherischen Hanauerland
eine katholische Kolonie gab, beantwortet sich durch einen
Blick auf die Geschichte der Stadt Neufreistett. Im Zusammenhang mit der
im Jahre 174523 erfolgten Stadtgründung war dort freie Religionsausübung
zugestanden worden. Bewußt wollte man es einem möglichst großen Personenkreis
ermöglichen, sich dort niederlassen zu können. So kann es denn
nicht verwundern, daß sich unter den Taglöhnern, die sich aufgrund des
von Kommerzienrat Kück betriebenen Bau eines Floßkanales24 in Neufreistett
sammelten, auch Katholiken befanden.2? Nachdem die Landesherrschaft
diesen Religionsfreiheit zugesichert hatte, war sie in gewisser Weise


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