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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 345
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Amtliche Sittenaufsicht im 18. Jahrhundert im Kirchspiel Lichtenau (1740-1821)

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nachdem er sein Amt angetreten hatte, ließ er sich auf ein Liebesabenteuer
ein, das ihm zur Schande gereichte. Er knüpfte mit zwei jungen, ledigen
Frauen (Elisabeth Schwarz und Salome Schoch) Beziehungen an und gedachte
bei ihnen auf seine ganz eigene Weise zum Ziel zu kommen. Durch
die ausführlichen Aussagen der Elisabeth Schwarz sind wir über seine kuriosen
Annäherungsversuche genau unterrichtet:

„Es sei nun ein Jahr, daß sie mit dem Amtsschultheißen in Bekanntschaft
gekommen, und habe er ihr angeboten, wenn sie etwas von ihm verlangen
würde, er es ihr geben wolle . . . Am Herbstjahrmarkt (1763) habe
er ihr Geld gegeben. . . . Dieses sei hernach noch mehrmals geschehen. Am
Thomastag Abend sei er zu ihr gekommen und habe von ihr begehrt, daß
sie ihre Versicherung, sich ihm zu ergeben, mit einem Schwur bekräftigen
solle." Der Schwur lautete: ,JDas Hl. Abendmahl soll an ihrer Seele verloren
sein, wenn sie sich nicht seinem Willen unterwerfen würde". Ferner
mußte sie schwören: „Ich verbleibe dir getreu bis in den Tod". Hierauf trafen
sie sich fast jeden Abend in seinem abschließbaren Magazin. „Hier habe
er zu mehrere Male versucht, seinen Sündenwillen zu vollbringen, sie
habe sich aber allemal verweigert." Als Pfarrer Neßler, in dessen Haus sie
als Magd diente, sie zu entlassen drohte, wenn sie ihre Beziehung zum
Amtsschultheiß nicht abbrechen würde, „sei sie in eine harte Gewissensangst
verfallen . . . und gebeten, ihr behilflich zu sein, daß sie aus dieser
Verstrickung erlöst werden möchte". Pfarrer Neßler erfüllte diese Bitte, indem
er den Amtsschultheißen bat (am 30. 4. 1764), zu einem Gespräch ins
Pfarrhaus zu kommen. Dieser „gestund, daß er gefehlet, (hat) seinen begangenen
Fehler bekannt und alle Besserung versprochen". Ein Jahr lang
hatte der Amtsschultheiß versucht, sich die Elisabeth Schwarz gefügig zu
machen. Gerade ihr Widerstand hat ihn offenbar gereizt, nicht aufzugeben.
Den erwünschten Durchbruch sollte der Mißbrauch der Gläubigkeit der
jungen Frau erbringen. Die Verquickung von Magie und Abendmahl war
doch eine Perversion des Sakraments ohnegleichen. Ob er wohl selbst daran
geglaubt hat oder nur die Naivität der jungen Frau ausnützte?

Mit der erzwungenen Abkehr des Amtsschultheißen von Elisabeth
Schwarz (1764) bestand aber immer noch dessen Beziehung zu Salome
Schoch. Ein Jahr später (Febr. 1765) ließ Pfarrer Neßler deshalb deren Vater
vor das Presbyterium laden. Das Sittengericht drohte ihm mit der Exkommunikation
der Tochter, wenn diese ihr anstößiges Verhältnis zum
Amtsschultheiß nicht löse. Die Exkommunikation wurde tatsächlich ausgesprochen
(mit der Rückendeckung durch den Superindentenden). Dann,
abermals ein Jahr später (Jan. 1766), wurde die Salome Schoch nach einem
seelsorgerlichen Gespräch von Pf. Neßler mit ihrem Vater wieder zum
Abendmahl zugelassen unter der Bedingung, daß sie ihre Beziehung zum
Amtsschultheißen abbreche. Besagter Vater unterrichtete den Amtsschultheißen
von diesem Gespräch, worauf dieser vom Pfarrer Satisfaktion ver-


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