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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 366
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Hartmut Stüwe

Fußböden, Türen und Läden ruinieren und verbrennen, folglich 5-10 mal
mehr Schaden tun, als der fast nicht zu benennende Zins beträgt"22.

In dem Gebiet zwischen Zitadelle und Hornwerk, das von Morast und
Sümpfen durchzogen war, und im Hornwerk selbst hatten Einwohner teilweise
wild gebaut. Ein Zeitgenosse fand bei seiner Betrachtung Kehls „ungefähr
sechzig schlecht gebaute Baracken. Die meisten stehen dem Boden
gleich, der an etlichen Orten merklich zu tief ist. Kein Haus steht also, daß
es einen eigentlichen Keller haben könnte. Fast alle Häuser könnten auf
Walzen spazieren geführt werden. Sie stehen nur in Verwirrung untereinander
und sind meistenteils unreinlich "23.

Als Grenzposten mit Brückenübergang war Kehl Durchzugsgebiet für
den regionalen Reise- und Handelsverkehr zwischen Frankreich und dem
Deutschen Reich. Umgehungsstraßen gab es noch nicht. Wer die Grenze
überschreiten wollte, mußte auf der Hauptstraße Dorf Kehl und das Hornwerk
in der Festung durchqueren. Durchziehende Landstreicher, Bettler
und verarmte Handwerksburschen nutzten die Gelegenheit, um Almosen
zu erbetteln. Von Zeit zu Zeit nahm das Betteln oder das Fechten, wie es
die Handwerksburschen nannten, überhand, so daß der Kehler Amtmann
Strobel auf Drängen der Bürger sich Anweisungen von seiner vorgesetzten
Dienststelle in Karlsruhe erbat, „wie die Landstreicher, Bettler und alles
liederliche Gesindel von hiesigem Orte am füglichsten vertrieben und dadurch
die Einwohner in Ruhe und Sicherheit gebracht werden könnten".
Die Bürger erwarteten im Gegenzug für ihre monatlichen Armensammlungen
, „daß von ihnen niemand mehr auf den Gassen angegangen werde".
Auch die Handelsleute wünschten mehr Sicherheit für ihre Ware „wegen
des in dortiger Gegend sich aufhaltenden Diebsgesindels"24.

Als Gegenmaßnahmen wurden zunächst Schilder an den Eingängen der
Festung von Dorf Kehl und von der Rheinbrücke aufgestellt und mit der
Aufschrift versehen: „Allhier ist das Betteln bei Leibesstrafe verboten".
Ertappte Bettler wurden für mehrere Tage „bei Brot und Wasser" zu öffentlichen
Arbeiten herangezogen. Bei Antritt und Ende der Strafe durften
den Ertappten „nach eines jeden Leibes Constitution Stockstreiche öffentlich
verabreicht werden". Ein aus der Garnison Rastatt geschicktes Kommando
von dreißig Mann und einem Offizier überwachte anfangs die Einhaltung
des Bettelverbots, und die Bestrafung sorgte für Abschreckung.
Das Interesse der Soldaten an der Überwachung von Bettlern und Handwerksburschen
nahm jedoch schnell ab. Ohne Belohnung, klagte Amtmann
Strobel, wollten sie keinen Bettler abführen. Das Kommando wurde wieder
nach Rastatt abgezogen.

Um einen Anreiz für die Überwachung zu schaffen, genehmigte die badische
Regierung im Jahr 1773 Fanggebühren, die allerdings aus den Gemeindekassen
bezahlt werden mußten. Für einen eingelieferten Landstreicher
gab es einen Gulden, für einen Bettler und Handwerksburschen nur


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