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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 376
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Hartmut Stüwe

mung" und einzigartige Druckerei58, war eher ein Fremdkörper in der Festung
und Stadt Kehl. Sie hat zwar den Namen der Stadt über die Grenzen
des Deutschen Reiches hinaus bekannt gemacht und auch viele Reisende
angelockt. In der ortsansässigen Bevölkerung jedoch waren die Druckerei,
ihre privilegierten Handwerker und Arbeiter sowie besonders ihr Geschäftsführer
le Tellier, der als „Tyrann von Kehl" in die Geschichte eingegangen
ist, äußerst unbeliebt, was zahlreiche Zwischenfälle und Beschwerden
dokumentieren59.

Das Kehl der 80er Jahre läßt sich jedoch nicht auf die Druckerei des
Beaumarchais beschränken. Nach Ansicht vieler Zeitzeugen hatten sich
das Stadtbild und die wirtschaftliche Struktur stark verändert. So hielt ein
Handelsmann 1784 fest: „Die Anzahl der Einwohner hat sich ganz sichtbar
vermehrt...und man sieht mehrere sehr artige Gasthöfe und Kaffees in
dem sonst kleinen und ehemals so ganz verachteten Kehl sich erheben, und
der Einwohner von Strasburg belustigt sich oftmals in dem so schönen und
angenehmen Spaziergange unter den Pappeln und Linden am Rhein60."
1787 schrieb ein Reisender: „Wer Kehl vor zwanzig jähren gesehen hat
und sieht es jetzt, der wirds, wegen der großen Vermehrung der Häuser
und der vielen Magazinen und Warenlager, die seitdem daselbst errichtet
wurden, nicht mehr erkennen61Bei einem der damaligen professionellen
Reiseschriftsteller, dessen eigentliches Ziel die Druckerei von Beaumarchais
war, schnitt die Stadt allerdings nicht so gut ab: „Im ganzen Ort ist
keine einzige Kirche!!! ... Übrigens ist es schade, daß der Ort nicht regelmüßig
angelegt ist." Etwas geringschätzig sah er „die Zahl ihrer Häuser
sich wohl nicht über 100 belaufen ", räumte aber ein, daß sich „einige recht
artige" darunter befänden62.

Eine eindrucksvolle Schilderung des Stadtbildes und der Bürgerschaft
befindet sich im „Oberrheinischen Hinkenden Bothen", einer der zahlreichen
Periodika, die damals in Kehl herausgegeben und gedruckt wurden
und eine der wenigen, von denen noch Einzelexemplare vorhanden sind63.
Herausgeber dieser Zeitung, die dreimal in der Woche erschien, war Johann
Gottlieb Müller der Ältere. Seine Zeitung berichtete - bedingt durch
eine strenge Zensur - überwiegend über die Politik in Europa und die Vorgänge
an den Höfen. Anläßlich der Geburt des badischen Prinzen Carl
Friedrich am 13. September 1784 schrieb er in mehreren Folgen ausführlich
über die Freudenfeste in Stadt und Dorf Kehl nach der fürstlichen Geburt64
. Bei der Darstellung der Feiern in Stadt Kehl am 26. Oktober zeichnete
Müller ein eindrucksvolles Bild von den herrlichen Fassaden und
prächtigen Gärten - verschönt durch eine „allgemeine Illumination" in
den Kehler Villenvierteln wie auf dem Wall zwischen Rhein und Hornwerk
und auf dem Glacis. Müller stellte auch besonders „das vereinigte
Bemühen der ganzen Bürgerschaft, ihr Korps zu bilden", heraus. „Es war
das erstemal seit der Gründung der Stadt Kehl, daß die Bürgerschaft auf-


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