Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 379
(PDF, 123 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0379
Festung, Stadt und Dorf Kehl 1771 bis 1815: Aufstieg, Blütezeit und Untergang

379

wirtschaftliche Aufschwung Kehls erreichte jedoch nicht alle Einwohner.
Gerade in der Zeit der Vereinigung der badischen Landesteile unter Karl
Friedrich hatte Baden unter mehrjähriger Hungersnot und Teuerung zu
leiden, über die auch Strobel berichtete: „Daß übrigens die Lebensmittel
theuer seien, ist leider zu beklagen, allein bekanntermaßen ist fast alles in
diesem Jahr mißrathen ... von Strasburg aus darf keine Frucht herüber, das
Gemüs war diesen Sommer so rar, daß man ebenfalls von dorther eine Zeit
gar keines herüber ließ. Das Heu steht in großem Werth ... Erdäpfel und
das Welschkorn sind nicht gerathen, daher die Mästung kostbar und das
Fleisch theuer ist70."

Von der weit verbreiteten Armut eines großen Teils der badischen Bevölkerung
war auch Kehl betroffen. Auch in der Blütezeit Kehls, den 80er
Jahren, gab es in der Stadt und Festung offensichtlich eine nicht geringe
Anzahl armer Einwohner. Ihre genaue Zahl geht aus den Quellen nicht hervor
. Jedenfalls ist von einem Zeitzeugen zu erfahren, daß im Jahr 1784 an
dem schon erwähnten Freudenfest anläßlich des fürstlichen Geburt „über
vierzig Witwen und Waisen beider Religionen" von einer wohlhabenden
Familie „mit Wein, Brod und Braten bewirtet" wurden, „bis alle recht
satt" waren. An demselben Festtag ließ der Geheimrat de Rochebrune
„nach geendigtem Gottesdienste ... an die Armen beider Religionen etwas
Geld" und „um die Mittagszeit den Armen Knackwürste, Wein und Brod"
in seinem Haus austeilen71. Für diese sogenannten Hausarmen72, so die
Bezeichnung für die hiesigen Armen, mußte von der Gemeinde gesorgt
werden. Die Kehler Bürger veranstalteten „eine monatliche Almosenkollektefür
die hiesigen Armen "73.

In Kehl, das allgemein als besonders teuer galt, war selbst so mancher
Handwerksmeister gezwungen, außerhalb seines Berufs etwas dazu zu verdienen
oder den Beruf aufzugeben und in anderen Bereichen zu arbeiten,
um den Lebensunterhalt seiner Familie sicherstellen zu können. Begehrt
waren Stellungen bei der Gemeinde, zum Beispiel der Posten als Amtsbott.
Trotz schlechter Bezahlung waren die Qualifikationsanforderungen recht
hoch. Der Amtsbott sollte lesen und schreiben sowie Französisch sprechen
können. Er mußte Bürgschaften beibringen und als geldeinziehende Amtsperson
eine Kaution hinterlegen, eine nicht unbegründete Vorsichtsmaßnahme
, wie sich zeigen sollte. Die Gemeinde stellte dem Bott dafür eine
mietfreie Wohnung und zahlte ihm das Gehalt von 24 Gulden jährlich sowie
alle drei Jahre eine neue Dienstkleidung einschließlich Hut im Wert
von 40 Gulden. Wenn er seine Montur so geschont hatte, daß er sie nach
Ansicht des Amtmanns nach den drei Jahren weiterhin tragen konnte, durfte
ihm der Betrag von 40 Gulden auch in bar ausgezahlt werden, allerdings
nur in Raten. Taglöhnen durfte der Amtsbott nicht, da er stets in Amtsbereitschaft
sein mußte. Allerdings wurde ihm zugestanden, sein Gehalt
durch gelegentliche Zollwächterdienste aufzubessern. Durch Beteiligung


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0379