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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 382
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Harnnut Stüwe

ten. Anders in der Umgebung und in Dorf Kehl. Am 20. August 1789 berichtete
der Lahrer Oberamtmann, Langdorf, seiner Dienststelle in Karlsruhe
: „ Wir befinden uns in den hiesigen Gegenden dermalen in einer sehr
mißlichen, kritischen und gefährlichen Lage. Der Geist der Unruhe und
Rebellion, welcher in allen Provinzen Frankreichs soviel Unheil angerichtet
, hat sich nun, leider! auch aus dem nahen Elsaß in die diesseits Rheinische
Gegenden ausgebreitet... Auch in Dorf Kehl sind öffentliche Unruhen
entstanden, so daß der Amtsschultheiß sich nach Straßburg geflüchtet hat
... Sodann hat die ganze Gemeinde ... sich gestern früh zusammengerottet,
und die Gemarksteine gegen Eckartsweier (in der Gemarkung Hundsfeld,
d. Verf.) ausgerissen und verschlagen, sind allsdann mit Jubelgeschrei
über diesen erfochtenen Sieg nach Haus gezogen und haben die Wirths-
häuser eingenommen71'."

Tatsächlich hatte sich in Dorf Kehl lange aufgestaute Unzufriedenheit
über die Amtsführung und Verwaltung der Gemeinde Luft verschafft. Klagen
über den angeblich unfähigen Amtsschultheiß Blümel, der sie zugunsten
des Straßburger Frauenstifts - einer der vier Herrschaften des Dorfes -
bei den Gebühren und Abgaben übervorteile, und Unmut über die mehr als
100 Tage im Jahr für die Herrschaften zu leistender unentgeltlicher Frondienst
waren zwar immer wieder in Form von Beschwerden geäußert worden
, aber ohne Gehör geblieben. Und die etwas sonderbar scheinende Wut
der Einwohner auf die Grenzsteine gründete sich auf eine willkürliche
Grenzziehung zwischen dem hanauischen Eckartsweier und Dorf Kehl, die
der Kehler Dorfgemeinschaft zusätzlichen Frondienst zugunsten des Straßburger
Frauenhauses aufgebürdet hatte78.

Zur „ Untersuchung des in dem gemeinschaftlichen Dorf Kehl entstandenen
Tumults" wurde eine Kommission mit Vertretern aller vier Herrschaften
eingesetzt, die ein Jahr später tätig wurde79. Die Suche nach Urhebern
in der dörflichen Gemeinschaft war vergeblich. In allen Vernehmungen
wurden als Ursachen die schon genannten, nicht erhörten Beschwerden
und die „benachbarten Unruhen" genannt. „Es seie ein allgemeiner
Schwindelgeist gewesen, alle, keiner ausgenommen, seien freiwillig
oder aus Furcht mitgezogen." Die Kommission beließ es bei der relativ
milden Bestrafung von vier Hauptteilnehmern, „die, wäre ihnen nicht
Nachsicht zugesichert worden, Zuchthausstrafen wohl verdinet hätten". Sie
mußten je nach Strafzumessung 8, 10 oder 20 Gulden in die Gemeindekasse
einzahlen80. Für die Gemeinde gab es eine Kollektivstrafe: „... einen
wohltätigen Einfluß für die folge würde es haben, wenn man bei der Wiedereinsetzung
(der Grenzsteine, d. Verf.), in Gegenwart der Kommission,
die Gemeinde den nemlichen Pomp, die nemliche Förmlichkeit beobachten
ließe, die sie beim Herausreißen brauchte".

Trotz dieser Schikane und der Einzelstrafen konnte die Gemeinde ihren
Aufstand als einen Erfolg verbuchen, denn die Kommission nahm die bis-


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