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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 458
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Renate Tebbel

Vorgaben zugeteilt. 1916 erhalten Kinder bis zum zweiten Lebensjahr und
stillende Mütter täglich einen Liter, ältere Kinder bis zum 14. Lebensjahr
einen halben Liter, an alle anderen wird höchstens ein viertel Liter Milch
abgegeben.

Appell der Behörden: Nur gewogenes Brot

Daß mit der Lebensmittelknappheit auch Schindluder getrieben wurde,
geht aus den Aufrufen und Anordnungen der städtischen Behörden hervor:
Im Mai 1916 appellieren die Behörden an die Hausfrauen, kein ungewogenes
Brot anzunehmen, sonst würden die Brotkarten nicht reichen. „Der
Laib muß mindestens 1500 Gramm wiegen - Mindergewichte von 70
Gramm und mehr wurden schon festgestellt", werden die Bürger informiert
. Und im „Alt Offeburger" erscheint ein Artikel, der unter dem Titel
„Die Zumessung des Brotes" einen Zusammenhang herstellt zwischen der
Solidargemeinschaft in Kriegszeiten und dem Brothandel im Mittelalter:
„Geldstrafen, Prangerstehen, Geschäftsschließung und öffentliche Entehrung
" drohten den betrügerischen Bäckern für ihre zu klein geratenen Brötchen
, mahnt der „Alt Offeburger" am 21. Februar 1915.

Im November desselben Jahres werden in Offenburg erstmals nach einer
Bundesratsverordnung die Metzgerläden geschlossen. Die „fett- und
fleischlosen Tage" sollen die Bevölkerung daran gewöhnen, an weniger
üppig gedeckten Tischen zu sitzen. Denn die Fleischversorgung hielt die
Stadtverwaltung auch 1916 für ausreichend: eine Fleischkarte vom 1. bis
28. Mai mißt einer fünfköpfigen Familie acht Pfund Fleisch pro Woche zu.
„Das genügt bei einer vernünftigen Lebenshaltung", meinen die Behörden.
Unterstützung bekommt die Kommune von der Kirche. „Gebt alle Verzärtelungen
auf, schreibt der evangelische Gemeindebote im Jahre 1915,
„williger Gehorsam bei jedem Wink, das ist der Kinder Heldentat - so
macht man sich des Vaterlandes in seiner schweren Notzeit würdig".

Wer Fastnacht feiert, muß mit Strafe rechnen

Und wie erlebt Offenburg diese „Notzeit"? Die Sorge um Nahrung und
Kleidung, die Furcht, Angehörige zu verlieren, und die Angst um den Verlauf
des Krieges verändern auch das öffentliche Leben. An „Vaterländischen
Volksabenden", die seit Winter 1915 veranstaltet werden, soll der
Kriegseinsatz von der Bevölkerung moralisch unterstützt werden. Der erste
Vortrag am 8. Dezember zum Thema „Die deutschen Ostseeprovinzen
Rußlands und ihre Bedeutung" ist gut besucht, melden die Zeitungen. Die
Fastnacht des Jahres 1915 wie auch der folgenden Jahre wird „dem Ernst
der Zeit entsprechend untersagt", wer dennoch feiert, muß mit einer
Haftstrafe rechnen.


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