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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 460
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Renate Tebbel

Mit einigem Wohlwollen ließe sich diese Haltung als eine verständliche
Flucht aus einer unerträglich gewordenen Wirklichkeit verstehen. Denn in
einem hatten die Herausgeber der Sondernummer recht: Kein Mensch hätte
vor drei Jahren „eine so lange Kriegsdauer vorausgesehen", wie sie ihr
langes Schweigen erklärten. Kriegsmüdigkeit wird daher schon 1916 deutlich
. Im Januar wünscht sich „D'r Alt Offeburger", daß dieses Jahr den
Frieden bringe werde; immer wieder wird die Bevölkerung aufgefordert,
deutsche Eroberungen oder Siege der Bündnispartner durch Glockengeläut
und Beflaggung zu feiern. Es sei notwendig, „solche Gelegenheiten zur
Auffrischung der Stimmung" nicht ungenützt zu lassen. Immer noch werden
Kugeln „zum großen Völkermorden" gegossen, klagt die Zeitung im
Dezember 1917 und wünscht sich zu Weihnachten den „Friedensengel"
herbei, denn die Hoffnung „auf ein Ende des Schreckens" habe das Volk
mächtig erfaßt, seit in Rußland die Revolution ausgebrochen sei.

1918 suchen Kinder nach Sprengstücken

Vielleicht ist es auch dem Kriegsüberdruß anzulasten, daß Anordnungen
und Ermahnungen der Behörden zunehmend mißachtet wurden. Wiederholt
werden in den Zeitungen Appelle an die Bevölkerung gerichtet, bei
Fliegeralarm Luftschutzkeller aufzusuchen und bei Eintritt der Dunkelheit
alle Räume zu verdunkeln. Im August 1918 beklagen die Behörden in den
Tageszeitungen, daß Kinder noch vor Aufhebung des Alarms auf der
Straße spielen, sogar nach Sprengstücken suchen. Verwundert stellt die
Stadtverwaltung fest, daß die große Gefahr augenscheinlich außer Acht gelassen
wird und versucht, auf dem Umweg über den Geldbeutel zur Einsicht
zu führen, denn im Falle einer Verletzung bei diesem „unvernünftigen
Verhalten" bestehe auch kein Anspruch auf Entschädigung.

Über die „blöde Neugier" der „Schwätzergruppen" auf Offenburgs
Straßen beschwert sich auch „D'r Alt Offeburger" in einer Standrede vom
21. Juli 1918. Sicherlich erklärt sich diese eigenartige Sorglosigkeit zum
großen Teil dadurch, daß Offenburg kein Hauptangriffsziel war. Feindliche
Bomber hatten es vor allem auf die Bahnanlagen abgesehen, Schäden, die
außerhalb dieses Gebiets lagen, waren auf die Ungenauigkeit beim Bombenabwurf
zurückzuführen. Die Bahn sollte als Versorgungs- und Nachschubglied
der Front ausgeschaltet werden. Daß also die Angriffe auf
Offenburg zunahmen, je näher die Front rückte, erklärt sich von selbst. Im
Sommer 1918, die Stadt leidet unter „tropischen Temperaturen" von fast
40 Grad, heulen wiederholt die Sirenen. Der 15. Juli leitet eine
„Schreckenswoche" ein, auf das städtische Krankenhaus fallen mehrere
Bomben, Sachschaden entsteht auch in nahe liegenden Gebäuden, eine
Person wird getötet, eine andere schwer verletzt.


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