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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 463
(PDF, 123 MB)
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„Lebt wohl, wir kehren siegreich wieder"

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Was der obersten Heeresleitung jetzt am Herzen liegt, ist die Ehrenrettung
der Armee. Ludendorff überredet den Kaiser, die Sozialdemokraten
als Regierungspartei einzusetzen. „Sie sollen die Suppe jetzt essen", erläutert
Ludendorff seinen Plan. Der Plan geht auf. Die Sozialdemokraten
übernehmen nach einem Jahrhundert im Wartesaal der Geschichte dankbar
die Regierungsgeschäfte und zeichnen verantwortlich für die Niederlage.
Ludendorff setzt sich mit gefälschtem Paß nach Schweden ab, zu gegebener
Zeit sollte er zurückkehren und seinen Beitrag zum Untergang der Weimarer
Republik leisten.

Wenn in Offenburg stationierte Soldaten in dieser Novembernacht zu
den Waffen greifen, dann meinen sie, im Sinne der neuen sozialdemokratischen
Regierung zu handeln. Um die Forderungen der amerikanischen
Waffenstillstandsbedingungen zu erfüllen, befahl die Reichsregierung am
20. Oktober 1918 ein Ende des U-Boot-Kriegs. Als Meuterei muß dann der
streng geheim gehaltene Entschluß der deutschen Flottenführung angesehen
werden, die englische Hochseeflotte zu einer Entscheidungsschlacht
herauszufordern. So ein schmähliches Ende des Kriegs wollten die Offiziere
nicht hinnehmen, der Schande zogen sie den Tod vor, und die einfachen
Soldaten hatten gefälligst mit zu sterben.

Die Mannschaften suchen hingegen keinen Heldentod. Die Klassenlehre
der Offiziere bedeutete ihnen nichts. Die Besatzungen der „Thüringen"
und der „Helgoland" weigern sich, über 1000 Soldaten werden inhaftiert,
auf sie wartet Kriegsgericht und Erschießungskommando. Das wollen ihre
Kameraden nicht hinnehmen. Am 3. November kommt es in Kiel zu einem
großen Demonstrationszug. Das Militär schießt in die Menge. Neun Tote
bleiben auf dem Pflaster liegen. Ein bewaffneter Matrose schießt zurück
und tötet den Führer der militärischen Aktion, einen Leutnant Steinhäuser.
Das ist der Startschuß zur Novemberrevolution.

Überall in Deutschland ergreifen Arbeiter- und Soldatenräte die Macht.
Am 10. November 1918 wird in einer großen Versammlung am Unionsaal
das Soldatenparlament eingesetzt. Stadtrat Georg Monsch hält eine zündende
Ansprache und wird als Vertreter der Stadtbehörde dem Rat beigeordnet
. Zwei Tage später erläßt der Soldatenrat der Stadt Offenburg, der in
der Pfählerschen Villa amtiert, in 17 Punkten die Bestimmungen der neuen
Räteregierung. Was der Rat als seine Hauptaufgabe ansieht, ist bezeichnend
für das Selbstverständnis der Revolution. Sie bekennt sich zu „Ruhe
und Ordnung" (wer plündert, wird erschossen), unterstützt die Ziele der
neuen sozialdemokratischen Regierung „bis zur äußersten Konsequenz"
und verlangt „wirkliche Gleichberechtigung aller Personen".

Das Verlangen nach Gleichberechtigung bezieht sich vor allem auf das
Verhältnis der gemeinen Soldaten zu einer Offiziersklasse, der durch ihren
überzogenen Standesdünkel schon lange vor den Ereignissen in Kiel die
Loyalität der Mannschaften entglitt. Artikel 15 der Offenburger Bestim-


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