Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 500
(PDF, 123 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0500
500

Murtin Ruch

deshalb nicht wunder, daß sich unter den Kursteilnehmern auch welche
fanden, die immer noch der alten Ideologie anhingen. Sie sollten schließlich
nicht bekehrt werden, weder mit Gewalt noch anderen Druckmitteln,
sondern sie sollten im Gespräch und mit Vorträgen überzeugt werden.

So startete vom 10. Februar bis 10. April 1948 der „1. Lehrgang für
ehemalige H.J.-Führer Badens". Der Vortragszyklus beinhaltete die
Schwerpunkte Recht, Soziologie, Geschichte, Jugend und Pädagogik,
Kunst und Literatur. Aus der Fülle der 28 Vorträge seien nur genannt: Erklärung
der Menschenrechte (P. Robert, Offenburg), Heutige Verfassung
Badens (Rechtsanwältin Fettweis, Freiburg), Rechte und Pflichten des Bürgers
(Landrat Joachim), Revolution von 1848 in Europa (Kähni, Offenburg
). Dieser Vortrag von Otto Kähni arbeitete besonders die europäischen
Hintergründe und Voraussetzungen der Demokratiebewegung heraus. Kähni
stellte darin als einer der ersten eine Beziehung zwischen dem Grundgesetz
der jungen Bundesrepublik und der Revolution von 1848, also dem demokratischen
Erbe, her.

Den 2. Lehrgang im Sommer 1948 eröffnete dann Staatspräsident Leo
Wohleb: „Wir haben wieder und diesmal einen totalen Zusammenbruch.
Nicht nur, daß wir militärisch besiegt worden sind, es stürzte alles zusammen
.(...) Das soll der jungen Generation klar gemacht werden ..."'2

Insgesamt waren es in jenem ersten Jahr drei Kurse von jeweils acht-
wöchiger Dauer, die von 80 ehemaligen HJ-Führem, Arbeitern und Jugendlichen
besucht worden waren, und zwar freiwillig und ohne Zusicherung
persönlicher Vorteile.

Die Verantwortlichen hoben immer besonders hervor (so etwa beim
Deutsch-Französischen Jugendtreffen 14.-19.9.1948 in Titisee), daß es
sich beim Höllhof nicht um eine „Entnazifizierungs-Anstalt" handle, auch
sei er kein Umschulungslager, aus der fertige Demokraten hervorgingen.
Hier ginge es um mehr: „Die Kameraden, die vor 1933 teilweise schon HJ-
Führer waren und die die schwersten Bitternisse einer trüben Vergangenheit
auskosten mußten, sollen aus der damaligen seelischen Not der Jugend
herausgerissen werden."13

Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen, die aktiv am Höllhof-Experiment
beteiligt waren. Einer von ihnen ist Karl Glatt (Offenburg), der damals von
Pierre Robert eingeladen worden war, über die Ziele der Katholischen Jugendbewegung
zu referieren:

„Ich erinnere mich, daß uns der damalige Gouverneur Robert in regelmäßigen
Abständen mit dem Auto zum Höllhof abholen ließ. Das war
natürlich etwas Besonderes damals. Wenn ich uns sage, dann meine ich damit
verschiedene Vertreter der Jugendorganisationen. Ich war als Vertreter
der Katholischen Jugend gebeten worden, den Leuten, die Robert oben
versammelt hatte, über die Ziele der katholischen Jugendarbeit und über
ihre Tätigkeit zu berichten. Selbstverständlich auch darüber, wie wir


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0500